Berlin.

Auch wenn es viele hierzulande nicht wahrhaben wollen, weil sie den politischen Kurs der Bundeskanzlerin nicht teilen, im Ausland wird Angela Merkel (CDU) hochgeschätzt. Und zwar gerade für ihre Politik. Beleg dafür ist ihre erneute Wahl zur „mächtigsten Frau der Welt“, die jedes Jahr vom amerikanischen „Forbes“-Magazin vorgelegt wird.

Auf Platz zwei folgt ihr Hillary Clinton, deren Nominierung zur Präsidentschaftskandidatin der US-Demokraten sicher scheint. Die ehemalige Außenministerin habe die nötigen 2383 Delegiertenstimmen zusammen, um auf dem Parteitag im Juli ernannt zu werden, meldete die Nachrichtenagentur AP am Montag unter Berufung auf eigene Berechnungen. Würde es Hillary Clinton schaffen, nicht nur als erste Frau in das Rennen um die Präsidentschaft geschickt zu werden, sondern diese auch noch zu gewinnen, so wäre ihr im nächsten Jahr der Titel wahrscheinlich noch vor Merkel sicher. Denn allein ihr Einzug ins Weiße Haus wäre historisch.

Doch das ist Zukunftsmusik. Bis es so weit kommt, ist es Angela Merkel im fernen Europa, die die Liste der Frauen anführt. Und das zum sechsten Mal in Folge. Auch auf der geschlechtsübergreifenden Rangliste liegt sie nur hinter dem russischen Präsidenten Wladimir Putin auf Platz zwei, gefolgt von niemand Geringerem als US-Präsident Barack Obama.

Während Merkel seit der Entscheidung im Spätsommer 2015, die Grenzen offen zu halten, in Deutschland auf diversen Beliebtheitsskalen wie dem Deutschland-Trend der ARD hinter Außenminister Steinmeier (SPD) und hinter CDU-Innenminister Wolfgang Schäuble zurückgefallen ist, wird sie dafür vom „Forbes“-Magazin gefeiert. In der Begründung heißt es: „Indem sie Deutschlands Grenzen in den vergangenen Jahren für über eine Million Migranten aus Syrien und anderen muslimischen Ländern öffnete, beschloss Merkel, ihre Macht mit der ungewöhnlichsten aller geopolitischen Strategien auszuüben: purem Humanismus.“ Außerdem habe Merkel Deutschland mit fruchtbaren Maßnahmen durch die Finanzkrise geführt. Nur die „Führungsperson“ Angela Merkel, so schreibt „Forbes“, sei dazu fähig gewesen, „den existenziellen wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen zu trotzen, mit denen sich die Europäische Union an den Rändern und im Kern konfrontiert sieht“.

Das „Forbes“-Magazin bewertete die Frauen nach vier Kriterien: Geld, also Nettovermögen, Unternehmenswert oder Bruttoinlandsprodukt; Medienpräsenz; Einfluss und Wirkung. Hinter Merkel und Clinton wurde auf Platz drei Janet Yellen, Chefin der US-Notenbank Federal Reserve, gewählt.

Zuletzt war die Kanzlerin in der Fehde zwischen TV-Entertainer Jan Böhmermann und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in die Kritik geraten. Zu vorschnell hatte sie sich von Böhmermann für seine Satire auf den türkischen Präsidenten öffentlich distanziert. Um sich später wieder davon zu distanzieren und einen „Fehler“ einzugestehen. Und auch wenn der Flüchtlingsdeal mit der Türkei für größere Kontrolle des Flüchtlingszustroms sorgt, wies sie am Dienstag Erdogans Kritik an der Völkermord-Resolution des Bundestags deutlich zurück. Merkel, die zu Beginn ihrer Amtszeit geschmeidig populistisch-pragmatisch durchregiert hat, zeigt gerade zuletzt immer mehr Gesicht. Ob ihr das auch die Wähler 2017 danken werden?