Mainz. Erstes rot-gelb-grünes Bündnis in einem westdeutschen Flächenland – Malu Dreyer soll heute zur Regierungschefin gewählt werden

    Mehr als zwanzig Jahre lang gab es in Deutschland keine Ampelkoalition auf Länderebene – jetzt wollen SPD, FDP und Grüne es wieder wagen: Zwei Monate nach der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz soll SPD-Wahlsiegerin Malu Dreyer am heutigen Mittwoch als Ministerpräsidentin des Dreierbündnisses gewählt werden. Die Liberalen sind damit erstmals seit ihrem Absturz wieder an einer Landesregierung beteiligt.

    Am Dienstag unterzeichneten die drei Partner den 140-seitigen Koalitionsvertrag für die erste rot-gelb-grüne Landesregierung in einem westdeutschen Flächenland. Anfang der 90er-Jahre hatte es Ampelbündnisse in Brandenburg und Bremen gegeben, beide aber gingen vor Ende der Legislaturperiode in die Brüche.

    In Mainz stehen die Chancen besser: In Rheinland-Pfalz gibt es eine lange sozialliberale Tradition – von 1991 bis 2006 regierten SPD und FDP gemeinsam. Dreyer hat zudem seit fünf Jahren Regierungserfahrung mit den Grünen. Doch die Mehrheitsverhältnisse sind wackelig: Die Mainzer Ampel hat mit 52 Stimmen nur drei Stimmen mehr als die beiden Oppositionsparteien CDU und AfD. Und nur eine Stimme mehr als nötig: Für die Wahl der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin ist die Mehrheit von 51 der 101 Abgeordneten erforderlich.

    CDU-Spitzenkandidatin Julia Klöckner wird wieder Oppositionsführerin: Die 43-Jährige, die bis kurz vor der Wahl noch als sichere Siegerin dastand, hatte mit 31,8 Prozent das bisher schlechteste Ergebnis für die CDU eingefahren und muss sich jetzt in einen Zweifrontenkampf begeben: gegen die beliebte Ministerpräsidentin und ihre Ampel und gleichzeitig gegen die 14 Abgeordneten der AfD, die Partei hatte mit 12,6 Prozent mehr als doppelt so viele Stimmen bekommen wie Liberale (6,2) und Grüne (5,3).

    Überraschend einsilbig hat Klöckner bislang die Bildung der Ampelkoalition verfolgt: Während die kämpferische CDU-Vize vor der Landtagswahl mit effektvollen Vorstößen auf allen Kanälen Werbung für sich machte, war es zuletzt auffällig still um sie. So still, dass eine Lokalzeitung schon die berühmte Frage für ehemalige Prominente stellte: „Was macht eigentlich Julia Klöckner?“ Ist sie abgetaucht?

    Nein. „Meine Ampelbewertung folgt bei Erwiderung auf die Regierungserklärung“, twitterte Klöckner vor einer Woche. Erst wenn Ministerpräsidentin Dreyer im Amt ist, will Klöckner wieder angreifen. Offen ist, wie lange die CDU-Frau in Mainz bleiben wird. Sie sei für fünf Jahre gewählt und mache ihre Arbeit mit Freude, sagt sie. Eine bedingungslose Festlegung allerdings klingt anders.

    Liberalen-Chef Wissing ist für Wirtschaft und Verkehr zuständig

    In Dreyers Ampelkoalition sitzen künftig fünf Minister der SPD und jeweils zwei von Liberalen und Grünen. Die wichtigste Personalie: FDP-Landeschef Volker Wissing übernimmt das Wirtschaftsressort von den Grünen und ist im Pendlerland Rheinland-Pfalz künftig auch für Verkehr zuständig.

    In den nächsten fünf Jahren will die Koalition Straßen und Brücken ausbauen, den Unterrichtsausfall bekämpfen und den Breitbandausbau für schnelles Internet vorantreiben. Zudem sollen 2000 Landesstellen abgebaut werden.