Washington. Pharmakonzern Pfizer will seine Produkte nicht bei Hinrichtungen mit der Giftspritze eingesetzt sehen

    Die Wahrscheinlichkeit, dass die knapp 3000 zurzeit noch in Amerika in Todestrakten einsitzenden Häftlinge durch eine Giftspritze getötet werden, ist dramatisch gesunken. Als letzter großer Hersteller will auch Pfizer den Vertrieb von sieben bei Exekutionen genutzten Substanzen weitgehend einschränken. „Wir lehnen den Einsatz unser Produkte als tödliche Injektionen bei der Vollstreckung der Todesstrafe strikt ab“, erklärte der weltgrößte Pharmakonzern. Damit wird es für jene 32 von 50 Bundesstaaten, die an der ultimativen Bestrafung trotz wachsenden Protests festhalten, nahezu unmöglich, an staatlich geprüfte Chemikalien für die Tötung zu kommen.

    Bei Gegnern der Todesstrafe traf die Nachricht von Pfizers Rückzug auf gemischte Reaktionen. So begrüßt das „Death Penalty Information Center“ die Entscheidung im Grundsatz. Aber man sieht die Gefahr, dass Behörden mehr denn je auf Medikamenten-Cocktails zweifelhafter Lieferanten setzen.

    Von Bürgerrechtlern aktuell vor Gericht erstrittene Unterlagen belegen, welche Gewinnspannen hier erzielt werden können. So bot ein Hersteller in Kalifornien dem zuständigen Justiz-Ministerium 200 Gramm einer Substanz an – für 500.000 Dollar. Um den Engpass zu umgehen, verließen sich einige Bundesstaaten sogar auf Gift-Cocktails dubioser Hersteller aus Indien. Regelmäßig wurden zuletzt durch die Drogenfahndung (DEA) und die Lebensmittelbehörde FDA Lieferungen abgefangen.

    Die Nebenwirkungen von Schwarzmarkt-Produkten wurden bereits in aller Öffentlichkeit sichtbar. Die Hinrichtungen von Clayton Lockett (Oklahoma, April 2014) und Joseph Wood (Arizona, Juli 2014) lösten internationale Empörung aus. Was ihnen injiziert wurde, hatte nicht – wie in der amerikanischen Verfassung vorgeschrieben – zu einem möglichst raschen und schmerzlosen Ende geführt. Die Männer rangen über 40 Minuten qualvoll mit dem Tod. Selbst Angehörige der Opfer der verurteilten Mörder wandten sich mit Schaudern ab.

    Im Nachzug setzte es Klagen bis hin zum Obersten Gerichtshof in Washington. Das Ziel, ,„Chemie-Experimenten am lebenden Objekt einen Riegel vorzuschieben“, wie es Kritiker formulieren, wurde verfehlt. Im Juni 2015 bestätigte der Supreme Court mit knapper 5:4-Mehrheit die Legalität der Giftspritze. Die Kläger, drei zum Tode verurteilte Männer, hätten es versäumt, eine weniger qualvolle Hinrichtungsmethode aufzuzeigen, hieß es.

    Erlaubt sind in verschiedenen Bundesstaaten auch Hinrichtungen durch den Strick, den Einsatz von Gaskammern, den elektrischen Stuhl oder Erschießen. Keine dieser praktizierten Methoden gilt unter Medizinern und Juristen im Sinne der Verfassung als human.

    Seit Wiedereinführung der Todesstrafe 1976 sind in den USA rund 1440 Menschen getötet worden. In diesem Jahr starben bisher 14 Menschen von Staats wegen. Der vorläufig letzte durch die Spritze Hingerichtete war am vorigen Donnerstag in Missouri der 66-jährige Dreifachmörder Earl Forrest.

    Aufgrund besserer Untersuchungsmethoden sind rund 160 fehlerhafte Todesurteile aufgehoben worden. Die meisten Exekutionen in den USA verzeichnet Texas. Dort sind von 1930 bis heute rund 1300 Menschen hingerichtet worden.

    Spitzenreiter bei inhaftierten Todeskandidaten, die im Schnitt 13 Jahre auf die Vollstreckung warten müssen, ist Kalifornien mit 745, gefolgt von Florida (404) und Texas (276).

    Nur in 18 von 50 US-Bundesstaaten ist die Todesstrafe nicht existent.