Mainz .

Für die katholische Kirche in Deutschland ist eine Ära zu Ende gegangen: Einer ihrer beliebtesten Bischöfe, der Mainzer Kardinal Karl Lehmann, ist aus dem Dienst geschieden. Der Vatikan nahm dessen Rücktrittgesuch zu seinem 80. Geburtstag am Pfingstmontag an. Der Apostolische Nuntius in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterović, verkündete die Entscheidung in einem feierlichen Gottesdienst im Mainzer Dom. Der langjährige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz hatte aus Altersgründen darum gebeten, seinen Dienst für die mehr als 700.000 Katholiken des Bistums in Hessen und Rheinland-Pfalz zu beenden. Damit ist das Amt des Mainzer Bischofs vakant.

Der volksnahe Lehmann war 33 Jahre lang Bischof, bis 2008 leitete er 21 Jahre die Bischofskonferenz. Er habe „die Herzen der Menschen erreicht und die Kirche Deutschlands nachhaltig geprägt“, sagte der heutige Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx. Lehmann gelang das Kunststück, seine Leidenschaft für die theologische Wissenschaft mit einer bodenständigen Amtsführung zu verbinden. Seine kolossale Veröffentlichungsliste umfasst mehr als 4200 gedruckte Texte, die er bis zuletzt noch selbst mit der Hand schrieb. Aber den Menschen in Rheinland-Pfalz und Hessen blieb der Mainz-05-Anhänger auch durch seine Stadionbesuche mit Fan-Schal in Erinnerung.

Als Assistent des Theologen Karl Rahner hatte der junge Lehmann noch selbst am Zweiten Vatikanischen Konzil teilgenommen, jener historischen Versammlung, mit der sich die katholische Kirche zur modernen Welt hin öffnete. Wie kein Zweiter habe er seither versucht, die Ergebnisse des Konzils ins Leben umzusetzen, sagt Christian Weisner, Sprecher der Reformbewegung „Wir sind Kirche“: „Er ist ein Kämpfer mit theologischen Argumenten, aber gegen die Machteliten in Rom hat er sich nicht durchsetzen können.“ Während Lehmanns Amtszeit sei deutlich geworden, wie sehr sich der Wind im Vatikan wieder gedreht habe.

An der Spitze der Deutschen Bischofskonferenz genoss Lehmann den Ruf eines besonnenen Reformers. Im Streit um den vom Vatikan geforderten Ausstieg aus der Schwangerenkonfliktberatung scheute er selbst vor einem Konflikt mit Papst Johannes Paul II. nicht zurück. „Wir haben gekämpft, und wir haben verloren“, erklärte er.

Den Abschied betrachte er mit Wehmut und Erleichterung. Hoffnungen auf schnelle Reformen in seiner Kirche erteilte der Kardinal eine Absage. Dennoch sei er überzeugt: „Und sie bewegt sich doch.“