Berlin .

Eigentlich gilt Oskar Lafontaine in der SPD als unerwünschte Person. Seine Flucht aus dem SPD-Vorsitz 1999, seine Rolle an der Spitze der Linkspartei bis 2010 haben viele Genossen ebenso wenig vergessen wie die vielen unversöhnlichen Angriffe auf die Sozialdemokraten. Dennoch wollte der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel am Freitagabend Lafontaine zu einem Gespräch im Saarland treffen. Gabriel hielt sich wegen eines Auftritts auf einem Industriekongress am Abend ohnehin dort auf, die Unterredung soll auf seine Initiative zurückgehen.

Die beiden tauschen sich nicht zum ersten Mal aus. Gabriel pflegt solche Kontakte auch mit Politikern anderer Parteien. Den Gesprächsfaden mit Lafontaine ließ er aber auch in Zeiten nicht abreißen, als der Ex-SPD-Chef von führenden Sozialdemokraten als „Verräter“ beschimpft wurde. Als sich Lafontaine mit dem damaligen Kanzler Gerhard Schröder überwarf, war Gabriel noch gar nicht in der Bundespolitik.

In SPD-Kreisen wurde im Vorfeld dem Verdacht widersprochen, der SPD-Chef wolle angesichts der kritischen Lage seiner Partei einen Kurswechsel im Verhältnis zur Linkspartei vorbereiten. Ein rot-rot-grünes Bündnis ist aus SPD-Sicht auch 2017 keine realistische Option. Auch die Linkspartei-Chefs Katja Kipping und Bernd Riexinger erklärten unlängst, sie sähen derzeit keine Perspektive für ein rot-rot-grünes Regierungsbündnis. Aber: Ausgeschlossen ist das Bündnis nicht.

Lafontaine hat sich in letzter Zeit durchaus freundlich über Gabriels Kurs geäußert. Schon das von ihm angestoßene „Solidaritätsprojekt“ hat er wohlwollend kommentiert. Und als Gabriel am Montag auf einem SPD-Kongress ankündigte, die Forderung nach sozialer Gerechtigkeit wieder stärker in den Mittelpunkt zu rücken, erklärte Lafontaine: „Gabriel hat viel Richtiges gesagt.“ Nur dessen Schlüsse seien unzureichend.