Manila.

Gegen ihn wirkt Donald Trump wie ein Waisenknabe: „Ich werde Euch alle umbringen, in die Bucht von Manila werfen und damit die Fische füttern“. Mit Sprüchen wie diesen – gerichtet in diesem Fall an Kleinkriminelle – versuchte Rodrigo Duterte im Präsidentschaftswahlkampf auf den Philippinen Stimmen zu sammeln. Mit Erfolg. Nach fast vollständiger Auszählung der Wahlzettel hat Duterte die Abstimmung in dem südostasiatischen Inselstaat am Montag klar gewonnen. Seine wichtigsten Konkurrenten haben ihre Niederlagen bereits eingeräumt.

Duterte hat den mehr als 100 Millionen Philippinern versprochen, binnen sechs Monaten mit Kriminalität, Drogenproblemen und Korruption Schluss zu machen, notfalls mit drastischen Mitteln. Noch am Wahltag kündigte er an, korrupte Beamte müssten „zurücktreten oder sterben“. Zuvor hatte er gedroht, das Parlament aufzulösen und das Kriegsrecht zu verhängen, sollten die Abgeordneten nicht gehorchen. Dutertes Sprecher sagte: „Wir werden eine neue Verfassung schreiben.“ Kritiker befürchten, dass das Land 30 Jahre nach dem Sturz von Diktator Ferdinand Marcos erneut in eine Diktatur abgleitet. „Wir haben uns vorbereitet“, warnt Chico Gascon, Chef der philippinischen Menschenrechtskommission, „wir werden sofort reagieren, wenn es erforderlich ist.“

Wenden sich die Philippinenden USA ab und China zu?

Bereits während seiner Amtszeit als Bürgermeister der südphilippinischen Stadt Davao hatten ihm Menschenrechtler vorgeworfen, Killerkommandos unterstützt zu haben. In Davao waren innerhalb von 18 Jahren mehr als 1400 Menschen umgebracht worden, ohne das je jemand dafür zur Rechenschaft gezogen wurde. Mit Sorge gesehen wird der Machtwechsel in Manila, auch in den Hauptstädten der 15 Mitgliedstaaten der südostasiatischen Staatengemeinschaft ASEAN sowie in Washington. Mehrere Nachbarländer der Philippinen fürchten, dass Duterte die enge Bindung der vergangenen Jahre an die USA gegen einen pro-chinesischen Kurs tauschen wird. „Wir können uns keinen Krieg leisten“, antwortet Duterte auf die Frage, wie er auf Chinas Versuche antworten wird, nahezu das gesamte Südchinesische Meer unter Kontrolle zu bringen.

Im Gegensatz zu seinen vier Mitbewerbern gehört Duterte nicht zu einer der schwerreichen politischen Dynastien, die seit dem Sturz von Diktator Marcos 1986 die politische Landschaft dominieren. Der 71-Jährige stammt aus einfachen Verhältnissen. Dem politischen Außenseiter, der aus dem Nichts emporgestiegen ist, genügten bei der Wahl 40 Prozent der Stimmen für den Sieg mit einer einfachen Mehrheit. Duterte mimt nicht nur die Hollywoodfigur „Dirty Harry“, der sich nur um Vergeltung statt Recht und Ordnung schert. Er macht auch kein Geheimnis aus seiner zwielichtigen Karriere als „Schmetterling“, wie in Südostasien Frauen Schürzenjäger nennen. „Ich danke bis heute dem Pharmakonzern, der 1998 die kleinen blauen Pillen namens Viagra erfunden hat“, verkündete er vor kichernden Managern in der Stadt Makati.

Selbst vor dem Papst zeigt der Kandidat in dem mehrheitlich katholischen Land keinerlei Respekt. „Zisch ab, Du Hurensohn“, tönte Duterte über Franziskus, weil er bei dessen Besuch in Manila im vergangenen Jahr einmal fünf Stunden im Verkehrsstau steckte.

Trotz seiner derben Gossensprache, Beleidigungen von Diplomaten, Witzen über eine vergewaltigte und ermordete australische Missionarin und den Prahlereien mit seiner Potenz zeigen Analysen, dass er überdurchschnittlich gut bei den gehobenen Einkommensklassen ankam. „Das Duterte-Phänomen ist keine Revolte der Armen“, meinte Julio Teehankee von der La Salle-Universität. „Das ist wütender Protest, der vor allem die einigermaßen Erfolgreichen ergriffen hat.“

Nach seinem Wahlsieg scheint Duterte nun verbal abzurüsten

Nach seinem Sieg scheint Duterte nun verbal abzurüsten. Als erste Ergebnisse belegten, dass er klar vor seinen Konkurrenten lag, gab sich der Favorit plötzlich versöhnlich: Es sei an der Zeit, den politischen Heilungsprozess zu beginnen, verkündete er. Als Präsident wird Duterte ohnehin vorsichtiger auftreten müssen. Die einflussreiche katholische Kirche, die vor Duterte gewarnt hatte, und die mächtigen Dynastien samt Corazon Aquino vertrieben 2001 bereits gemeinsam den früheren Schauspieler Joseph Estrada aus dem Präsidentenpalast, weil er ihre Interessen bedrohte. „Ein Amtsenthebungsverfahren ist immer eine Option“. sagt Arpee Santiago, Leiter des Ateneo Human Rights Center in Manila. Nicht alle politischen Beobachter sehen den Aufstieg Dutertes indes als Gefahr. Als erster Präsident aus Mindanao im Süden des Landes habe er die historische Chance, den Terrorismus muslimischer Extremisten zu beenden. Mit ihnen will Duterte ein Friedensabkommen schließen. Bislang hatte die Regierung versucht, die Ausbreitung der Milizen gewaltsam zu unterdrücken. Mit Donald Trump, der auch provoziert, sieht sich Duterte nicht als Bruder im Geiste: „Der ist doch ein Fanatiker, das bin ich nicht“, erklärte er.