Istanbul.

    Nach der Rückzugsankündigung von Ministerpräsident Ahmet Davutoglu hat Staatschef Recep Tayyip Erdogan den Flüchtlingspakt mit der EU infrage gestellt. Erdogan wandte sich am Freitag in Istanbul unter dem Jubel von Anhängern gegen die Brüsseler Forderung nach einer Änderung der Terrorgesetze in der Türkei. „Wir gehen unseren Weg, geh Du Deinen Weg“, sagte er an die EU gewandt.

    Eine Änderung der Terrorgesetze ist einer der fünf offenen Punkte, die Ankara noch erfüllen muss, damit Türken wie geplant Ende Juni von der Visumpflicht befreit werden. Sie ist Teil des Flüchtlingspakts, den Davutoglu mit der EU aushandelte. Im Gegenzug sagte die Türkei zu, alle Flüchtlinge von den griechischen Inseln zurückzunehmen. Erdogan steht dem Flüchtlingspakt kritisch gegenüber.

    Für die Visumfreiheit soll die Türkei ihre bislang gefasste Definition von Terrorismus umgestalten. Sie soll damit tatsächlich der Verfolgung von Terroristen dienen – und nicht zum Vorgehen gegen politische Gegner missbraucht werden können.

    Davutoglu hatte am Donnerstag nach einem Machtkampf mit Erdogan angekündigt, beim AKP-Sonderparteitag am 22. Mai nicht mehr für den Parteivorsitz zu kandidieren. Damit verliert er auch das Amt des Ministerpräsidenten. Erdogan kündigte am Freitag an, möglichst bald ein Referendum über eine Verfassungsänderung zur Einführung eines Präsidialsystems abhalten zu lassen und seine Macht damit auszubauen. Nur ein Präsidialsystem sei eine „Garantie für Stabilität und Sicherheit“. Erdogan-Anhänger hatten Davutoglu vorgeworfen, dessen Einführung nicht entschieden genug vorangetrieben zu haben. Für ein Referendum über eine Verfassungsänderung ist eine 60-Prozent-Mehrheit im Parlament nötig, zu der der AKP derzeit 13 Sitze fehlen.