Washington. Die außenpolitische Grundsatzrede „Amerika zuerst“ des republikanischen Präsidentschaftsbewerbers ist von Widersprüchen geprägt

    Hohl. Peinlich. Undurchdacht. Widersprüchlich. Die Aufzählung der Charakterisierungen, die Donald Trumps erste außenpolitische Grundsatzrede unter dem Leitmotiv „Amerika zuerst“ erfuhr, ließe sich fortsetzen. Positive Urteile sind so gut wie nicht darunter. Was der Aspirant auf das republikanische Präsidentschaftsticket im „Mayflower Hotel“ von Washington diesmal vom Teleprompter ablas, hat die Fachwelt parteiübergreifend bestärkt in ihrem Eindruck: Mit einem Präsidenten Trump würde sich Amerika auf eine Zukunft einlassen, in der unliebsame Überraschungen nicht auszuschließen sind. Und es scheint so, als sei genau das sein Kalkül: „Wir müssen als Nation unberechenbarer werden“, sagte Trump, „und wir müssen damit jetzt anfangen.“

    Bei der Vorstellung, dass ein unberechenbarer Präsident die Befehlsgewalt über das Atomarsenal in die Hände bekommt, wird der früheren Außenministerin Madeleine Albright ganz anders. „Ich habe in einer Rede noch nie eine solche Kombination aus simplifizierenden Slogans, Widersprüchen und falschen Behauptungen gehört.“ Trumps Versuch, sich präsidial zu zeigen, sei komplett gescheitert, sagte die der Demokratin Hillary Clinton nahestehende Diplomatin.

    USA als Security-Unternehmen:Länder sollen Verteidigung bezahlen

    Auch Konservative klagten über eine Rede, in der plumpe Breitseiten dominierten. „Unsere Außenpolitik ist ein völliges und totales Desaster. Keine Vision. Kein Zweck. Keine Richtung. Keine Strategie“, sagte Trump. An diese Leerstelle will er eine „disziplinierte, durchdachte und beständige Außenpolitik“ setzen. Dass darin Widersprüche Platz haben, ist gewollt. So verwirft Trump sämtliche von den Präsidenten Bush bis Obama versuchten Strategien, Demokratie und Wohlstand im Mittleren Osten zu stärken. Gleichzeitig will er dort aber die „westliche Zivilisation und ihre Errungenschaften“ stärken.

    Wie das funktionieren soll? Durch eine Konzentration auf die eigenen Interessen. Folgt man Trump, werden die USA in Zukunft eine Art Security-Unternehmen, das seine Dienste nur noch dann global feilbietet, wenn alle Kunden artig ihre Rechnung bezahlen. „Länder, die wir verteidigen, müssen für diese Verteidigung bezahlen. Wenn nicht, muss Amerika bereit sein, dass sich diese Länder selber verteidigen. Wir haben keine andere Wahl.“ Unter seiner Präsidentschaft werde das US-Militär, das 2015 rund 600 Milliarden Dollar (530 Milliarden Euro) verschlang, und damit doppelt so viel wie die Armeen aller Länder West- und Zentraleuropas zusammen, trotzdem machtvoll ausgebaut, – um „abschreckend zu wirken“. Gleichzeitig sollen andere Nationen mehr für ihre eigene Sicherheit tun. „Das beißt sich“, kommentieren US-Medien. Trump könne sich nicht entscheiden, was er sein wolle: Weltpolizist, der eingreift, wenn Amerikas Interessen berührt sind. Oder Isolationist, der es wie viele seiner Landsleute nach den Kriegen in Afghanistan und im Irak leid ist, Amerikas Rolle als Weltmacht mit noch mehr Blut und Geld zu bezahlen. Sarkastisch fiel der Kommentar des versiertesten Verteidigungsexperten bei den Repu­blikanern aus. „Ich bin nicht sicher, wer Donald Trump in außenpolitischen Fragen berät“, so Senator Lindsey Graham, „aber ich kann jetzt verstehen, warum er die Namen nicht verrät.“