Berlin.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen will ihre Truppe fit für die Kriege der Zukunft machen. Es geht um die Kämpfe in der fünften Dimension, wie es in der Bundeswehr heißt: Zu den Auseinandersetzungen an Land, zu Wasser, in der Luft und im All kommen die Attacken aus dem Cyberraum hinzu. Auch hier sei Deutschland „potenziell verwundbar“, sagte die CDU-Politikerin.

Für den Krieg im Internet krempelt von der Leyen die Strukturen in ihrem Ministerium um. Bis zum Jahr 2021 soll eine neue Abteilung „Cyber- und Informationsraum“ mit 13.500 Soldaten und zivilen Mitarbeitern entstehen. Das digitale Potenzial der Truppe, das aktuell an vielen Standorten in Deutschland verstreut ist, soll also gebündelt werden. Auch sollen neue Soldaten und Zivilisten zur Cyberarmee stoßen. Zu den fünf Organisationsbereichen der Bundeswehr – Heer, Luftwaffe, Marine, Sanitätsdienst und Streitkräftebasis für die Logistik – soll mit dem Bereich Cyber ein sechster hinzukommen.

Eine eigene Uniform werden die Cybersoldaten nicht bekommen. Ihr Chef soll allerdings wie die Spitzen von Heer, Luftwaffe und Marine Inspekteur genannt werden.

Bisher wurde das Thema IT bei der Bundeswehr zu sehr als eine Dienstleistung gesehen. Das soll sich nun ändern. Die Truppe soll im Cyberraum schlagkräftig werden. Intern gilt dabei der Leitsatz: Verteidigung ist die beste Verteidigung. Die neue Cybertruppe soll vor allem defensive Aufgaben übernehmen – also Angriffe abwehren. Gegner könnten Daten absaugen, manipulieren oder Sabotageakte unternehmen. Offensive Aktionen sollen von der Leyens Cyberkrieger nicht starten. „Wir agieren nicht hinter der Firewall des Gegners“, heißt es im Ministerium.

Die Gegner brauchen nicht viel, um einen Angriff zu starten

Dabei geht es von der Leyen nicht nur um die Kriege der Zukunft. Die Verwundbarkeit Deutschlands im digitalen Raum ist schon heute Realität – pro Tag gibt es 6500 Angriffe auf die Netze des Bundes. „Die Bundeswehr ist ein Hochwertziel für diejenigen, die ihr schaden wollen“, sagte von der Leyen. Die Truppe müsse in der Lage sein, sich selbst zu schützen und das Land zu verteidigen. Das gilt auch für die hoch technisierten Waffensysteme, Flugzeuge und Schiffe.

Ein Beispiel für die digitale Verwundbarkeit Deutschlands ist der massive Hackerangriff auf den Bundestag im Sommer 2015. Experten vermuten dahinter eine Aktion eines ausländischen Geheimdienstes. Ein beliebtes Ziel ist auch die deutsche Armee. 2015 gab es 71 Millionen „unberechtigte oder schadhafte Zugriffsversuche“, so die Bundeswehr. Etwa 8,5 Millionen dieser Angriffe wurden der Gefahrenstufe hoch zugeordnet. Die Gegner brauchen nicht viel, um einen Angriff zu starten: einen Computer, einen Internetanschluss – und natürlich die digitalen Fähigkeiten.

Die Bundeswehr sucht also jetzt nicht nur gute Sportler, die möglichst viele Klimmzüge und Liegestütze hintereinander schaffen, sondern auch Nerds. Das Problem bei der Rekrutierung von IT-Spezialisten ist allerdings: Menschen mit diesen Fähigkeiten werden auch in der freien Wirtschaft überall gesucht.

Von der Leyen ist sich bewusst, dass die Bundeswehr nicht so hohe Löhne zahlen kann wie weltweit operierende Konzerne. Deshalb setzt die Ministerin vor allem auf Ausbildung: An der Bundeswehruniversität in München solle eine neue Fachrichtung Cyber mit mehreren Professuren etabliert werden. 70 IT-Spezialisten sollen pro Jahrgang fit gemacht werden.

Für den Kampf um Nerds nimmt die Bundeswehr auch Geld für Werbung in die Hand – die Kampagne „Projekt Digitale Kräfte“ läuft seit Mitte März und kostet 3,6 Millionen Euro. Auf den Plakaten und Anzeigen sind junge Männer und Frauen zu sehen. Darunter stehen Sprüche, etwa „Wie ziehst Du eine Firewall um ein Feldlager“ oder „Deutschlands Freiheit wird auch im Cyberraum verteidigt“. Der jährliche Bedarf liegt laut Ministerium bei etwa 800 IT-Adminis­tratoren und 700 IT-Soldaten.

In Sachen Cyberkrieg ist Deutschland spät dran. Andere Länder sind da schon viel weiter, etwa die Vereinigten Staaten oder Israel. Ursula von der Leyen, seit Ende 2013 Ministerin, gesteht ein, dass die Bundeswehr Rückstand aufzuholen hat. Sie will von befreundeten Staaten lernen und Fehler vermeiden, die diese schon gemacht haben. „Entscheidend ist jetzt, vor allem Strecke zu machen“, sagte die Verteidigungsministerin.