Berlin. Weil er eine Zeile aus Jan Böhmermanns „Schmähkritik“ zitierte, nahm die Polizei den Berliner Piraten-Chef Bruno Kramm am Freitag fest.

Neues Kapitel in der Böhmermann-Affäre: Der Vorsitzende des Berliner Landesverbandes der Piratenpartei, Bruno Kramm, ist am Freitag auf einer Demonstration von der Polizei festgenommen worden. Er soll gegen Paragraf 103, Strafgesetzbuch, verstoßen haben, der die Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten unter Strafe stellt.

„Die Polizei kam sofort, hat mich abgedrängt, die Anlage ausgeschaltet und die Demonstration aufgelöst. Ich bin immer noch schockiert“, sagte Kramm. Er müsse nun mit einer Strafanzeige rechnen.

Laut Kramm war der Auslöser seine Rede, in der er die Zeile „Kurden treten, Christen hauen“ aus dem Gedicht „Schmähkritik“ von Satiriker Jan Böhmermann zitierte. „Das ist schon ein krasses Stück“, so Kramm. Er habe den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan nicht beleidigt, sondern nur Böhmermanns Gedicht analysiert. Davon abgesehen sei die Gewalt gegen Minderheiten in der Türkei nun mal Realität.

Auflage für Demos: „Schmähkritik“ darf nicht zitiert werden

Seit einigen Wochen veranstalten die Piraten jeden Freitag vor der türkischen Botschaft eine Kundgebung gegen Erdogan und für mehr Meinungsfreiheit. Das Motto: „Keine Macht dem Erdowahn, Finger weg von Böhmermann“. Auch am kommenden Freitag soll es wieder eine Kundgebung geben.

Die Polizei hält ihr Vorgehen für rechtens. Denn die Demonstration wurde unter der Auflage genehmigt, dass keine Passage aus dem Böhmermann-Gedicht ausgesprochen wird. Die Begründung: „Es könnte sich um den Straftatbestand der Beleidigung handeln“, so Polizeisprecher Stefan Redlich.

Die Auflage der Polizei gilt inzwischen für sämtliche Demonstrationen in Berlin, genauer, seit Aktivisten vergangene Woche vor der türkischen Botschaft mit Ziegenmasken und Auszügen aus der „Schmähkritik“ demonstrieren wollten. Die Veranstalter hatten versucht, juristisch vorzugehen, doch das Verwaltungsgericht gab der Polizei recht.

Dieser Artikel ist zuerst bei der Berliner Morgenpost erschienen.