Washington.

Wer es hier schafft, schafft es überall. Selten hat die Quintessenz aus Frank Sinatras Welthit „New York, New York“ gemäßigten Republikanern in Amerika so schrill in den Ohren geklungen wie am Dienstagabend im Trump-Tower in Manhattan. Dem milliardenschweren Eigentümer der Immobilie, Präsidentschaftskandidat Donald J. Trump, quoll die Siegesgewissheit nach seinem Erdrutschsieg bei den Vorwahlen im Bundesstaat New York aus allen Poren. „Das Rennen ist gelaufen. Niemand kann uns mehr einholen“, rief der Baulöwe seinen jubelnden Anhängern entgegen.

Seine Gegner rechnen anders. Sie wollen dem Populismus predigenden Geschäftsmann bis zum Parteitag im Juli in Cleveland den Weg zur Nominierung verstellen. Ihr Kernargument ist auf Umfragen gestützt, die ein Pro­blem von zehn Prozentpunkten Unterschied für den Hotelier diagnostizieren: Gegen Hillary Clinton, wahrscheinliche Kandidatin der Demokraten, hätte Trump bei der Wahl um den Einzug ins Weiße Haus im November keine Chance.

Fast jede Alternative wäre dem konservativen Partei-Establishment darum lieber als der Mann, der sich mit Gott und der Welt anlegt, um das amerikanische Wutbürgertum an die Vorwahlurnen zu locken. Hinter den Kulissen läuft die Suche nach dem „weißen Ritter“ auf vollen Touren.

Dabei denken die Republikaner keineswegs an Ted Cruz. Trumps erzkonservativer Widersacher ging im liberalen Multikulti-Sammelbecken am Hudson River mit 14,5 Prozent der Stimmen baden. „Er ist mathematisch eliminiert“, triumphierte Trump. Auch John Kasich, Gouverneur von Ohio, der mit 25 Prozent Zweiter wurde, spielt keine Rolle in den Planspielen. Zu eindeutig sind die Zahlen.

Trump hat rund 850 Delegierte sicher, Cruz 550, Kasich 150. Rechnerisch kann nur Trump bis Cleveland die 1237 Stimmen zusammenbringen, die es zur erfolgreichen Kandidatur im ersten Wahlgang braucht. Das zu vereiteln, wird schwierig. Auch bei den Vorwahlen am nächsten Dienstag in den Bundesstaaten Rhode Island, Connecticut, Maryland, Pennsylvania und Delaware ist Trump favorisiert.

Bliebe Trump bei 1236 Stimmen, wäre nach den Parteistatuten der Weg frei für ein Husarenstück, das es seit 40 Jahren bei den Republikanern nicht mehr gegeben hat – eine Kampfabstimmung. Delegierte, die im ersten Wahlgang noch an das Votum ihrer Bundesstaaten gebunden sind, könnten ab Runde zwei ihre Gunst neu verteilen.

Hier ruhen die Hoffnungen auf Paul Ryan. Der asketische Familienvater aus Wisconsin ist Sprecher des Repräsentantenhauses; nominell damit die Nummer drei im Staatsgefüge. Er gilt in Finanzfragen als Schwergewicht, genießt hohes Ansehen und wäre nach Ansicht von US-Kommentatoren eine „echte Bedrohung“ für Hillary Clinton. Allein, Ryan schließt eine Kandidatur offiziell aus. „Strategische Zurückhaltung“, sagen Insider. Wenn es hart auf hart komme, werde sich der 46-Jährige aber in die Pflicht nehmen lassen.

Trump hat die Gefahr erkannt. Er nennt das Vorwahlsystem seiner Partei „korrupt“ und warnt davor, ihm den Sieg zu stehlen. Ausschreitungen beim Parteitag in Cleveland und eine Spaltung der Republikaner seien dann nicht mehr auszuschließen. Spätestens nach der letzten Vorwahl am 7. Juni in Kalifornien wird sich zeigen, ob Ryan das Kaninchen ist, das die „Grand Old Party“ aus dem Hut zaubern muss, um Trump zu verhindern.

Zaubertricks, die bei den Demokraten überflüssig sind. Hillary Clinton hat ihr Heimspiel in New York imposant gewonnen. Die frühere Senatorin des Bundesstaates hatte fast 16 Prozentpunkte Vorsprung vor Bernie Sanders. Clinton kommt auf reguläre 1424 Wahlmänner und -frauen. Nimmt man die Superdelegierten hinzu, die sich frei für einen Kandidaten entscheiden dürfen, steht ihre Bilanz bei rund 1930 Unterstützern. Sanders kommt auf 1180. Benötigt werden 2383.

Dass der 74-Jährige Clintons Vorsprung wettmachen kann, gilt selbst bei Anhängern als „ausgeschlossen“. Sanders wird bedrängt, zum Wohle der Partei seine Kandidatur auf Eis zu legen, will davon aber nichts wissen. Der Politsenior will bis zum Parteitag in Philadelphia die Fahne seiner „politischen Revolution“ schwenken und das Wahlprogramm mit sozialen Umverteilungsversprechen mitprägen. Die Taktikerin Clinton ist nicht völlig abgeneigt. „Ich glaube, es gibt mehr, was uns eint, als was uns trennt“, sagt sie.