Stockholm/Oslo. Streit um Isolationshaft: Das Osloer Amtsgericht sieht die Menschenrechte des rechtsradikalen Terroristen teilweise verletzt

Der norwegische Massenmörder Anders Behring Breivik hat im Prozess um seine Haftbedingungen einen Teilsieg gegen den norwegischen Staat erreicht. „Die Haftbedingungen stellen eine Verletzung der Menschenrechtskonvention, Artikel 3, dar“, hieß es am Mittwoch überraschend im Urteilsspruch des Osloer Amtsgerichtes. Vor allem die Länge der Isolationshaft führte das Gericht als Begründung an. Der Staat Norwegen muss die Prozesskosten von rund 331.000 norwegischen Kronen (rund 35.700 Euro) übernehmen.

Breivik hatte am 22. Juli 2011 zunächst acht Menschen bei einem Bombenanschlag in Oslo getötet und anschließend auf der Insel Utøya 69 Teilnehmer eines Sommerlagers der sozialdemokratischen Jugendorganisation AUF brutal gejagt und erschossen.

Er hat nun Aussicht darauf, aus der Isolationshaft zu kommen, in der er seit fünf Jahren sitzt. „Das Verbot von inhumaner und herabsetzender Behandlung repräsentiert einen fundamentalen Wert in einer demokratischen Gesellschaft. Das gilt in jedem Fall – auch bei der Behandlung von Terroristen und Mördern“, heißt es im Urteil. Das Gefängnis wird nun dazu aufgefordert, weitere Gefangene in Breiviks Abteilung unterzubringen, um ihm Kontakt mit anderen Menschen zu ermöglichen.

Die Menschenrechtsverletzung bestehe zudem in der mangelnden Begründung für die Isolationshaft, den begrenzten Klagemöglichkeiten und zu wenig ausgleichenden Maßnahmen. Auch für die häufigen Leibesvisitationen habe es aus Sicherheitsaspekten heraus keinen ausreichenden Grund gegeben, argumentierte das Gericht in seinem Urteil.

Breiviks zweiten Anklagepunkt wies das Gericht hingegen ab. Dabei ging es um Artikel 8 der Menschenrechte, der das Recht auf Privatsphäre anführt. Hier wiege die Aufgabe des Staates, Terrorismus zu bekämpfen oder vorzubeugen, schwerer als der Eingriff in Privatsphäre. Damit muss Breivik weiter die Überwachung seiner Korrespondenz hinnehmen.

In dem vier Tage langen Prozess im März, der aus Sicherheitsgründen im Gefängnis im Ort Skien stattgefunden hatte, hatte der 37-Jährige sich über seine Isolationshaft beschwert, ebenso über sein Essen, die ständigen Leibesvisitationen, das häufige Tragen von Handschellen, seine veraltete Playstation und die Kontrolle seiner Kommunikation mit der Außenwelt. Da er vermutlich lebenslang in Haft bleiben werde, könne man ihm all das nicht zumuten, so die Argumentation. Dann wäre eine Todesstrafe ehrlicher, hatte Breivik angeführt.

„Ich habe Verständnis dafür, dass Menschen sich über den Richterspruch aufregen“, sagte der norwegische Justizminister Anders Anundsen laut dem norwegischen TV-Sender NRK am Mittwoch, „aber es ist wichtig, dass nicht zuletzt auch dieser Fall auf die in unserem Rechtssystem übliche Weise behandelt wird.“

2012 war Breivik für seine Taten zur Höchststrafe von 21 Jahren Gefängnis mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden. Er leide psychisch sehr darunter, klagte er im Prozess. Der Staat konterte vergeblich damit, dass Breivik auch viele Hafterleichterungen genieße. Anwalt Marius Emberland, der den Staat Norwegen in diesem Fall vertritt, hatte argumentiert: „Breivik ist ein extrem gefährlicher Mann und der Sinn einer langen Gefängnisstrafe ist es, unangenehm zu sein“. Es gehe ihm ausreichend gut in der Isolation. Laut Gefängnis darf Breivik täglich an die frische Luft. Zudem hat er drei Zellen mit insgesamt Quadratmetern 31 zur Verfügung. Eine nutzt er als Schlaf- und Aufenthaltsraum, die andere als Studierzimmer, die dritte für Sport. Er hat einen Computer ohne Internetzugang, einen Fernseher und eine Playstation.

Nach dem Urteil zeigte Emberland sich überrascht. Er wolle das Ergebnis nun zunächst mit dem Justizministerium besprechen, um zu entscheiden, ob der Staat in Berufung gehen werde.