Berlin.

Nach den Anschlägen am Flughafen und im Europaviertel von Brüssel stand die belgische Hauptstadt unter Schock. Viele besorgte Bürger fragten sich: Greifen die Terroristen ein weiteres Mal an – und wenn ja, an welchem Ort? Noch mehr war die Öffentlichkeit beunruhigt, als das belgische Atomkraftwerk Tihange am Dienstagnachmittag teilweise geräumt wurde. Auf Ersuchen der belgischen Behörden mussten Beschäftigte, die für den Betrieb der Anlage nicht zwingend notwendig sind, das Gelände verlassen. Am Mittwoch war dann wieder die übliche Belegschaft im Einsatz, wie die belgische Nachrichtenagentur Belga meldete. Es gelten aber noch erhöhte Sicherheitsvorkehrungen. Mit der Reduzierung der Belegschaft sollte das Risiko minimiert werden, dass gefährliche Personen auf das Gelände gelangen.

Versuchen IS-Terroristen, Anschläge in Atomkraftwerken zu verüben?
In der belgischen Presse gab es Berichte über mögliche IS-Attacken auf Nuklearanlagen. So soll der Leiter des Forschungs- und Entwicklungsprogramms für belgische Kernenergie unter Überwachung der Pariser Terrorzelle gestanden haben. Das Blatt „La Dernière Heure“ berichtete von einem Video vom November vergangenen Jahres. In dem zehnstündigen Film sehe man Bilder einer Kamera, die „sehr genau“ auf die Tür einer Wohnung in Flandern gerichtet gewesen seien.

Ist der IS tatsächlich imstande, Anschläge auf Atomkraftwerke zu verüben?

„Von außen sind Atomkraftwerke durch den dicken Betonmantel relativ gut geschützt. Die Gefahr ist minimal. Im schlimmsten Fall wäre der Schaden aber groß, wenn Radioaktivität austritt“, sagte Götz Neuneck vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg dieser Zeitung. Grundsätzlich höher sei aber das potenzielle Risiko bei einer Terrorattacke innerhalb des Kraftwerks. Zum Beispiel dann, wenn „etwa 15 extrem gut ausgebildete Terroristen“ an Sicherheitsschleusen vorbei in ein Atomkraftwerk gelangten, so Neuneck, der von Haus aus Physiker ist. „Ein bewaffnetes Team könnte einen Reaktor kapern und versuchen, die Bedienungsmannschaft zu erpressen.“ Vorstellbar sei, dass Mitarbeiter gezwungen würden, die Brennstäbe zu manipulieren. „Dadurch könnte es zur Überlastung des Kernkraftwerks kommen und Radioaktivität austreten“, erklärte Neuneck. Denkbar wäre auch eine „gezielte Explosion“ im Reaktor. „Der absolute Worst Case wäre eine Kernschmelze mit dem umfangreichen Austritt von Radioaktivität.“ Dennoch stuft Neuneck die Terrorgefahr als relativ gering ein: „Es ist nicht erkennbar, dass der IS die Fähigkeiten und den Willen hat, Atomkraftwerke zu sprengen.“