Mainz. Sieg in Rheinland-Pfalz über CDU-Herausforderin Julia Klöckner. Doch Rot-Grün büßt auch hier die Mehrheit ein

Die CDU in Rheinland-Pfalz hatte auf Sieg gesetzt. Für die Wahlparty hatte Spitzenkandidatin Julia Klöckner den Gewölbesaal des Kurfürstlichen Schlosses mieten lassen. Noch am Sonntagmittag wurde dort kistenweise Sekt angeliefert. Es kam dann anders.

Die Party der Wahlsieger fand nicht im Schloss, sondern in einem mit grauem Teppichboden ausgelegten Sitzungssaal des Landtagsgebäudes statt. Hier stieß die SPD nur mit Bier an und bejubelte Malu Dreyer, die alte und ziemlich sicher auch die künftige Ministerpräsidentin. Die 55-Jährige hat sogar die Auswahl zwischen zwei Koalitionsoptionen. „Ich freu mich, ich bin glücklich“, rief Dreyer. Sie sei „beflügelt“. Jetzt werde erst einmal gefeiert.

Lange hatte es für die SPD nach einer Niederlage ausgesehen, aber auf den letzten Metern konnte die SPD die Stimmung noch drehen – deutlicher als erwartet. Dreyer schaffte es, das Ergebnis von vor fünf Jahren leicht zu steigern. Das historische Duell, bei dem erstmals zwei Frauen in einem Bundesland gegeneinander antraten, entschied Dreyer klar für sich. Der Traum Klöckners, die „neue Ministerpräsidentin“ zu werden, wie es überall plakatiert war, ist nun zerplatzt. Im Mainzer Schloss rührte sich bei der ersten Prognose um 18 Uhr keine einzige Hand zum Beifall. Nur ein leises Stöhnen beim Ergebnis der AfD war zu hören.

Für die 43-jährige Klöckner war es der zweite Versuch, Regierungschefin in dem Bundesland zu werden. Vor fünf Jahren verfehlte ihre CDU die relative Mehrheit um Haaresbreite. Die SPD unter Kurt Beck konnte weiterregieren, wenn auch mit den Grünen. Rheinland-Pfalz, einst von Helmut Kohl regiert, gilt als strukturell konservativ. Doch seit 25 Jahren regiert hier die SPD – und wird es fünf weitere Jahre tun.

War es damals die Atomkatastrophe von Fukushima, die vieles bei den Wahlen durcheinanderbrachte, so kam Klöckner jetzt die Flüchtlingskrise in die Quere. Ihr unklarer Kurs in dieser Frage wurde ihr zum Verhängnis. Während SPD-Politikerin Dreyer klar die Politik von Angela Merkel unterstützte (Ich stehe näher bei der Kanzlerin), entschied sich Klöckner für eine diffuse Distanz zu ihrer Parteichefin. Ihr Plan „A2“ gegen die Flüchtlingskrise wurde zum Symbol für diesen Zickzackkurs. Klöckner ist jetzt die, die selbst einen Plan B braucht. Am Abend ließ sie offen, ob sie sich erneut auf die Oppositionsbank setzen wird, falls die SPD eine große Koalition ablehnt.

Im November noch galt Klöckner als die sichere Gewinnerin, uneinholbar für die SPD. Erst im März legten die Werte der Sozialdemokraten zu. Gleichzeitig wurde die AfD immer stärker, auch die FDP legte zu. Alles das ging auf Klöckners Kosten. Nun steht sie mit einem schlechteren Ergebnis als beim letzten Mal da.

Rein landespolitisch waren die Voraussetzungen für Klöckner nicht schlecht. Kurt Beck hatte das Land keineswegs besenrein an seine Nachfolgerin Dreyer übergeben, der Zustand der Infrastruktur ist ein großes Thema, ebenso Bildung und Innere Sicherheit. Dennoch konnte Regierungschefin Dreyer sich in den drei Jahren nach Becks Rückzug als „Königin der Herzen“ etablieren. Bürgernah, bodenständig, etwas hölzern vor der Kamera. Ganz so wie Beck. Wie er hatte Dreyer stets die höheren persönlichen Beliebtheitswerte als Klöckner.

Nun muss Dreyer ausloten, welche Koalitionen möglich sind. Ihre Partei neigt zu einer Ampel mit FDP und Grünen, entsprechend deutlich betonte Dreyer die gute Regierungsarbeit mit den Grünen und verwies auf die rot-gelben Bündnisse der vergangenen Jahre. Die schwer abgestürzten Grünen würden dabei mitmachen, die FDP ziert sich noch. Klöckners CDU dagegen wird alles versuchen, doch noch in eine große Koalition zu kommen. Für Dreyer aber ist ein solches Bündnis nur „die Ultima Ratio“.