Berlin.

Es soll ein fairer Ausgleich für Flüchtlinge aus Südosteuropa sein und eine Hilfe für die deutsche Wirtschaft: Bürger aus den sechs Westbalkanstaaten haben in Deutschland nach Gesetzesverschärfungen zwar kaum noch Chancen auf Asyl – dafür besteht jetzt die Möglichkeit, unter bestimmten Bedingungen ganz legal als Arbeitsmigrant einzureisen. Doch eine erste Zwischenbilanz zeigt: Der neue Weg für Zuwanderer ist holprig – das Verfahren kommt nur mit Verzögerung in Gang, erst seit wenigen Wochen gibt es einen Schub.

Wie das Bundesarbeitsministerium am Mittwoch dieser Zeitung auf Anfrage erklärte, erteilten deutsche Visastellen in den Westbalkanländern zwischen Anfang Dezember und Ende Februar erst 837 Visa zur Arbeitsaufnahme in Deutschland; allein 353 Visa entfielen auf Bürger aus Bosnien-Herzegowina, im Kosovo erhielten dagegen bislang erst 67 Antragsteller ein Visum, in Montenegro sogar nur 40. Das Interesse in den Balkanländern und das Stellenangebot in Deutschland ist aber deutlich größer: Die Zahl der beantragten Visa ist mehr als doppelt so hoch. Die Bundesagentur für Arbeit hat nach Ministeriumsangaben allein von Anfang Januar bis Februar 2932 sogenannte Vorabzustimmungen erteilt – die müssen die Arbeitgeber in Deutschland für ihre potenziellen Beschäftigten beantragen, damit ein Visum erteilt werden kann. Die Bundesregierung war anfangs von deutlich größerem Andrang ausgegangen. Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hatte von jährlich 20.000 Arbeitssuchenden aus dem Westbalkan gesprochen. Die Tür wurde dann mit dem ersten Asylpaket im Herbst 2015 geöffnet. Die Voraussetzung: Die potenziellen Beschäftigten müssen einen konkreten Arbeits- oder Ausbildungsvertrag zu tarifvertraglichen Bedingungen vorweisen und brauchen die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit. Innerhalb der letzten zwei Jahre dürfen sie keine Leistungen als Asylbewerber bezogen haben. Es ist der Ausgleich zur parallel beschlossenen Einstufung auch von Albanien, Kosovo und Montenegro als sichere Herkunftsstaaten. Die Asylanträge werden dann in der Regel im Schnellverfahren als unbegründet abgelehnt. Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Serbien galten bereits als sichere Herkunftsstaaten.

Noch sieht es nicht so aus, dass die legale Arbeitsmigration die erwarteten Größenordnungen erreicht. Die Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke (Linke), die vor Kurzem erste Zahlen abgefragt hatte, meint: „Die Visavergabe verläuft nur schleppend.“ Den Roma, die als diskriminierte Minderheit am wenigsten Perspektiven im Westbalkan hätten, bringe die „Alibi-Lösung“ nichts, denn sie fielen durch die Maschen der Regelung.