Washington.

Also doch Hillary Clinton gegen Donald Trump? Die frühere First Lady, erfahrene Senatorin, weltläufige Außenministerin und hoch bezahlte Gastrednerin gegen den bis in die dreiwettertaftgestärkten Haarspitzen eitlen Geschäftsmann, Milliardär und Politikverächter? Nach den Vorwahlen am „Super Tuesday“ läuft der Kampf um die Präsidentschaft in den USA auf ein Duell dieser beiden Antipoden hinaus, die zum Zeitpunkt der Wahl nur die Altersklasse gemein haben werden: sie 69, er 70.

Trotz jeweils sieben Siegen ist der Wettbewerb bei Demokraten wie Republikanern aber längst nicht entschieden. Hillary Clinton (zurzeit 1005 Delegierte) hat noch eine Wegstrecke vor sich, um die nötigen 2383 Wahlmänner und -frauen bis zum Parteitag Ende Juli in Philadelphia auf sich zu verpflichten und ihren Rivalen Bernie Sanders endgültig hinter sich zu lassen.

Bei Trump sieht die Kalkulation vor der Kandidatenkür in Cleveland so aus. Soll: 1237 Delegierte. Haben: 316. Für seine Konkurrenten Marco Rubio und Ted Cruz rechnerisch nicht unmöglich, aber das Zeitfenster schließt sich stündlich. Unterdessen werden schon die Konturen eines möglichen Showdowns zwischen Clinton und Trump sichtbar.

Durch seine gut dokumentierten Attacken gegen Latinos, Frauen, Schwarze, Liberale, Behinderte hat sich der Immobilienunternehmer „komplett verwundbar gemacht“, sagen selbst Parteifreunde. Mithilfe ihrer „Super Pacs“ (Unterstützungsvereine, die unbegrenzt Wahlkampfspenden einsammeln dürfen) wird Hillary Clinton darum schon bald eine Welle von Negativwerbung lostreten, die Trump als Spalter und Hetzer dämonisiert.

Dass er auf diplomatische Etikette pfeift und Andersdenkende pauschal als „dumm“, „hässlich“, „verrückt“ oder „Verlierer“ abkanzelt, nährt die Sorge, dass ein Präsident Trump durch vulgäre Äußerungen das Ansehen der USA in der Welt schwer beschädigen und sogar militärische Konflikte heraufbeschwören könnte. Clintons Kampagne wird moderaten Wählern vor Augen führen, dass Amerika mit Trump ein Himmelfahrtskommando einginge.

Auch wirtschaftlich. Trump will die von US-Firmen im Zuge der Globalisierung nach Mexiko oder China ausgelagerten Arbeitsplätze unter Druck zurückholen und den Freihandel eindämmen. Dazu Ex-Finanzminister Larry Summers, ein Clinton-Freund: „Die mögliche Wahl von Donald Trump ist die zurzeit größte Bedrohung des Wohlstands und der Sicherheit Amerikas.“ Dazu passt: Die New Yorker Staatsanwaltschaft klagt Trump demnächst an, an einer unter seinem Namen betriebenen Pseudo-Universität 5000 Studenten um 40 Millionen Dollar geprellt zu haben.

Beste Wahlkampf-Munition sehen Clintons Berater außerdem unter den Latinos. Trump hat diese Bevölkerungsgruppe mit seinem Versprechen, zwölf Millionen Illegale im Land abschieben zu lassen, vor den Kopf gestoßen. Umfragen belegen, dass 80 Prozent der Latinos nur einen Kandidaten wählen würden, der sich für eine Legalisierung und einen Weg zur Staatsbürgerschaft einsetzt. Trump dagegen verspricht eine Mauer an der Grenze zu Mexiko. Clinton kontert: „Wir müssen Amerika vereinen und Grenzen überwinden.“

FBI-Ermittlungen zu ClintonsE-Mail-Affäre laufen noch

Umgekehrt wird Donald Trump alle Register ziehen, um Hillary Clinton als Prototyp des verhassten Washingtoner Systems erscheinen zu lassen. Gerade ältere, weiße und schlechter gebildete Amerikaner, die Trump bei seinen Erfolgen in Alabama, Arkansas, Georgia, Massachusetts, Tennessee, Vermont, Virginia massenhaft unterstützt haben, sehen darin die Wurzel allen Übels.

Zu den Altlasten, die Trump gewiss neu aufbereiten wird, gehört die Affäre um Clintons privaten E-Mail-Server während ihrer Zeit als Außenministerin. FBI-Ermittlungen dazu laufen noch. Nur Trumps Urteil steht schon fest: „Was sie getan hat, war kriminell. Ehrlich gesagt, wenn sie als Kandidatin überhaupt antreten darf, dann wäre das ein trauriger Tag für dieses Land.“

Auch den Terroranschlag auf die US-Botschaft in Bengasi/Libyen 2012, um den sich gegen Clinton der Vorwurf der unterlassenen Hilfeleistung rankt, würde Trump nutzen. Garniert mit dem Zusatz: Unter Clintons Verantwortung als Chefdiplomatin sei die Welt ein noch gefährlicherer Ort geworden. Fest steht auch, dass Hillary Clinton in Sippenhaft genommen würde für ihren Ehemann. Trump, dreimal verheiratet, wird mit gespielter Entrüstung die außerehelichen Kapriolen Bill Clintons (Stichwort: Monica Lewinsky) aufwärmen, um die Vertrauenswürdigkeit seiner Rivalin zu erschüttern.

Auch damit: Clinton gibt im Wahlkampf die Anwältin der kleinen Leute. Aber selbst kassiert sie von Topbanken für Reden hinter verschlossenen Türen Mondsummen von jeweils über 200.000 Dollar. Trump will die Manuskripte sehen. Dass Clinton sich weigert, birgt Sprengkraft. „Was hat sie zu verbergen?“, fragt Trump leutselig.

Welchen Einfluss eine Schlammschlacht auf die Entscheidung unentschlossener Wähler haben wird, ist acht Monate vor der Wahl nicht absehbar. Im Augenblick geben die Meinungsforscher Trump in einem direkten Duell gegen Clinton (und übrigens auch gegen Bernie Sanders) keine Chance. Ein plötzlicher Knick in der Konjunktur, ein Terroranschlag auf US-Boden oder eine Anklage gegen Clinton wegen Geheimnisverrats könnte das Bild schnell drehen. Und damit sind Mehrheiten alles andere als sicher. „Dass Trump chancenlos wäre gegen Clinton“, schreiben US-Kommentatoren, „ist Wunschdenken.“

Am meisten fürchten die Demokraten dies: Trump hat Zigtausende Wähler mobilisiert, die dem demokratischen Prozess seit Jahren aus Enttäuschung ferngeblieben waren. „Eine schweigende Mehrheit, die plötzlich laut wird, kann vieles bewegen.“