Berlin/Shanghai.

Chinas Handelsminister probierte es zur Abwechslung mal mit Optimismus: Seine Landsleute seien weiter in Kauflaune, verkündete Gao Hucheng zu Beginn der Woche. Die Konsumausgaben würden weiter wachsen. Nur wenige Tage zuvor hatte er noch den Chef der chinesischen Börsenaufsicht gefeuert, weil die Aktienkurse mehrfach ins Bodenlose gestürzt waren. Der Chefaufseher hatte den Handel jedes Mal aussetzen lassen, was die Panik noch vergrößerte.

Es sind keine guten Nachrichten, die derzeit aus China kommen. Exporte und Importe brachen zuletzt ein, seit Jahren wächst die Wirtschaft immer langsamer. Anleger ziehen Kapital aus China ab. Der Währung Yuan droht die Abwertung – und das alles in dem Land, das nicht nur wichtig für die deutsche Wirtschaft ist, sondern bald ökonomische Supermacht sein könnte.

Das sind die Vorzeichen, unter denen sich Finanzminister und Notenbankchefs der zwanzig größten Indus­trie- und Schwellenländer (G20) am Freitag in Shanghai treffen. Zum ersten Mal hat China dabei die Präsidentschaft übernommen – und ist stolz darauf: „Das zeigt das starke Vertrauen der Welt in China“, hatte Präsident Xi Jinping gesagt, als er den Vorsitz übernahm. Er versprach auch, dass „die entscheidenden Themen der Weltwirtschaft“ angesprochen würden.

Nun denn: Der ökonomische Zustand von Xis Land und die Folgen, die das für die übrigen G20-Mitglieder hat, stehen an der Spitze der Agenda des Treffens – zusammen mit dem niedrigen Ölpreis, der weltweit lockeren Geldpolitik und den Sorgen vor einem Abwertungswettlauf der Währungen. Um Terrorfinanzierung soll es auch gehen und wohl auch um die Flüchtlingskrise. „Wir werden über Krisen reden, aber es ist kein Krisentreffen“, betont die Bundesregierung im Vorhinein.

„Die Auswirkungen der schwächeren Konjunktur in China werden an den Finanzmärkten vielleicht ein wenig überschätzt“, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vor dem Abflug nach Shanghai der Deutschen Presseagentur. Eine globale Finanz- und Wirtschaftskrise sei nicht zu befürchten. Aber noch im gleichen Atemzug zählte Schäuble alle geopolitischen Risiken und Krisen auf und schloss mit dem beunruhigenden Satz: „Die Europäische Union ist nicht in der besten Verfassung.“

Was können Finanzminister und Notenbankchefs bei dieser Weltlage tun? „Wir müssen zu dem stehen, was wir vereinbart haben – und es endlich umsetzen“, meint Schäuble. Soll heißen: keine neuen Konjunkturprogramme, keine lockerere Geldpolitik. Sondern: Staatshaushalte sanieren, Reformen umsetzen, Investitionsprogramme privat finanzieren und keine abrupten Wechsel in der Geldpolitik. Schäuble predigt das schon länger, es steht ungefähr so auch in den Abschlusserklärungen der vergangenen G20-Treffen – nur machen sich die Deutschen mit diesen Forderungen international nicht wirklich beliebt. Denn mit seiner guten Konjunktur und den Rekordüberschüssen im Staatshaushalt steht Deutschland weltweit ziemlich allein da. Am Mittwoch konnte sich Schäuble auch noch über gut drei Milliarden Euro Bundesbankgewinn freuen, mehr als gedacht. Seine Kollegen werden ihn darum beneiden.