BerliN.

„Wir können auch Männer“, witzeln sie in der FDP. Weil es im letzten Jahr so aussah, als könnten die Liberalen nach ihrem krachenden Aus bei der Bundestagswahl 2013 nur mit erfolgreichen Frauen Wahlen gewinnen. Doch die Zeit der Witze ist vorbei: Am 13. März machen die Wähler ernst – und entscheiden in drei Flächenländern, ob die FDP wieder im Spiel ist. Hans-Ulrich Rülke, Volker Wissing und Frank Sitta – auf dem liberalen Wahlkämpfer-Trio liegt jetzt die Hoffnung der Partei. Die drei Männer sollen fortsetzen, was Katja Suding in Hamburg und Lencke Steiner in Bremen gestartet haben – die Rückkehr der totgesagten Liberalen. Es ist die große Chance der FDP: Vor allem im Südwesten geht es längst nicht mehr nur um den Wiedereinzug in den Stuttgarter Landtag. Es geht ums Mitregieren.

Anderthalb Jahre vor der Bundestagswahl wird die FDP wieder zur ernstzunehmenden politischen Kraft: In Baden-Württemberg liegen die Liberalen zwischen sieben und acht Prozent – Spitzenkandidat Hans-Ulrich Rülke punktet mit harscher Kritik an der Kanzlerin und empfiehlt die FDP als Alternative zur AfD. In Rheinland-Pfalz ist der Wiedereinzug nach fünf Jahren außerparlamentarischer Opposition mit Spitzenkandidat Volker Wissing den Umfragen zufolge wahrscheinlich. Und in Sachsen-Anhalt, wo Umfragen die FDP bislang oft weit unter der Fünf-Prozent-Marke sahen, hat der agile Eventmanager Frank Sitta jetzt immerhin vier Prozent erreicht.

Der Wunschpartner der Liberalen bleibt die CDU. Reicht es für Schwarz-Gelb nicht, könnte es in Stuttgart am Ende auch eine Dreierkoalition geben: Die FDP träumt bereits von einer schwarz-rot-gelben „Deutschland“-Koalition. „Wir wollen am 13. März den Politikwechsel in Baden-Württemberg erreichen“, sagte Parteichef Christian Lindner dieser Zeitung. „Das lässt sich am ehesten mit der Union umsetzen, zur Not mit der SPD als weiterem Partner.“

Drei Wochen vor den Wahlen ist in den Ländern jedoch noch vieles offen: In Baden-Württemberg ist die CDU im Sinkflug, aber auch die regierende Koalition aus Grünen und SPD hat bislang keine sichere Mehrheit. Immerhin ist nicht ausgeschlossen, dass der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann weitermachen kann: Eine Insa-Umfrage im Auftrag von „Bild“ sieht die CDU mit 30 Prozent erstmals hinter den Grünen. Zusammen mit der SPD käme Kretschmann auf 46,5 Prozent, mit der CDU auf über 60 Prozent. Die AfD käme auf zehn Prozent, die Liberalen auf sieben. Wie stellt sich die FDP in den drei Ländern auf?

Baden-Württemberg: FDP-Spitzenkandidat Hans-Ulrich Rülke positioniert seine Partei als Alternative zur AfD: Wer ein Protestsignal an die CDU-Kanzlerin senden wolle, „braucht nicht die Radikalen zu wählen, er kann auch die FDP wählen“, sagt der 54-Jährige. Angela Merkel wirft Rülke „Staatsversagen“ vor, die Kanzlerin habe in der Flüchtlingskrise „im Grunde alles falsch gemacht, was man falsch machen konnte“. Der Ton kommt an, die FDP legt zu, der Mann, der als Oppositionspolitiker im Stuttgarter Landtag den Spitznamen „Brüllke“ hat, ist dabei, die Liberalen von den peinlichen 5,3 Prozent bei der letzten Wahl zu einem soliden Ergebnis zu führen.

Trotz aller Merkel-Kritik bleibt die CDU für Rülke Wunschpartner – doch für Schwarz-Gelb reicht es angesichts der Schwäche der CDU nach jetzigem Stand nicht aus. Bei einer Dreierkoalition dagegen wird es wieder spannend: Sollte es mit Schwarz-Gelb nicht klappen, könnte die „Deutschland“-Koalition das Comeback als Regierungspartei bringen. Für die SPD dagegen ist eine solche Dreierkoalition schwer vorstellbar. Und: Die Mehrheit der Baden-Württemberger lehnt sie ab.

Für eine Ampel-Koalition aus Grünen, SPD und FDP können sich im Südwesten dagegen viele erwärmen – die Landespartei aber votierte am Wochenende gegen eine grün-geführte Ampel. Der wichtigste Grund dafür: Parteichef Christian Lindner will im nächsten Frühjahr bei den Landtagswahlen in NRW die regierende rot-grüne Koalition aus dem Amt fegen. Er hätte ein Glaubwürdigkeitsproblem, wenn seine Liberalen kurz zuvor ausgerechnet einem grünen Ministerpräsidenten ins Amt geholfen hätten.

Sachsen-Anhalt: Für die drei Wahlkämpfer in den Ländern hat Parteichef Lindner die Latte hoch gehängt: „Die Stimmen zählen doppelt.“ Soll heißen: Schafft es die FDP bei den Landtagswahlen, dann schafft sie es auch 2017 im Bund. In Sachsen-Anhalt wollen sie mit dem 37-jährigen Frank Sitta den Wiedereinzug in den Landtag schaffen. „Sachsen-Anhalt zu Sachsen-Aufbruch machen“ nennt Sitta das. „Die Länderwende in den Wendeländern schaffen.“ Die Sprüche sitzen – doch in den Umfragen muss die FDP noch zulegen, um sicher über fünf Prozent zu kommen. Schafft sie es, wäre auch hier eine Koalition mit CDU und SPD eine Option.

Rheinland-Pfalz: Hier liegen die Liberalen zuletzt deutlich über der Fünfprozenthürde – die jüngste Insa-Umfrage sieht sie sogar bei sieben. Mit dem Ex-Bundestagsabgeordneten Volker Wissing will die FDP nach fünf Jahren außerparlamentarischer Opposition wieder zurück ins Spiel finden. Der 45-jährige Jurist ist weder Showmaster, noch Einpeitscher. Ein typischer Wissing-Wahlkampf-Satz: „Ich habe mir vorgenommen, den Haushalt zu sanieren.“ Auch in Mainz könnte es am Ende für eine Ampel mit SPD und Grünen reichen: Anders als die Baden-Württemberger will Jurist Wissing die Sache offenlassen: Er halte nichts davon, „Dinge auszuschließen“. Anderthalb Jahre vor der Bundestagswahl wäre das ein starkes Signal; schließlich dümpelt die FDP im Bund noch immer an der Fünf-Prozent-Marke.