Brüssel .

Großes Theater war angekündigt, echter Kampf auf Biegen und Brechen nicht. Doch dann war beides nicht mehr sauber zu unterscheiden. Beim EU-Gipfel in Brüssel ging es höher her als vorgesehen. Der Zeitplan geriet ins Rutschen. Spät am Abend twitterte die litauische Staatspräsidentin Dalia Grybauskaite, dass die EU-Staats- und Regierungschefs sich endlich auf ein Reformpaket für Großbritannien verständigt hätten, mit dem ein Austritt des Landes aus der Union verhindert werden soll. Zuvor hatten aber die Vorbehalte vieler Partner gegen die angepeilten Zugeständnisse an das Inselreich ausgeräumt werden müssen. Sie richteten sich vor allem auf drei Punkte. Wie kann man verhindern, dass aus einer Briten-Lizenz, bestimmte Sozialleistungen für EU-Ausländer zu kürzen, ein Trend wird? Wie viel Rücksicht muss der Euroraum auf die Briten mit ihrem Pfund nehmen? Und wie weit darf sich ein EU-Staat vom gemeinsamen Bekenntnis distanzieren, „eine immer engere Union der Völker Europas“ aufzubauen?

Mit der „Notbremse“ – befristete Kappung staatlicher Sozialleistungen – hatten vornehmlich die osteuropäischen Länder Probleme. Die Regierungen der vier Visegrád-Staaten Polen, Ungarn, Tschechien und Slowakei (V4-Gruppe) wollten die Leistungseinschränkung strikt auf Großbritannien beschränken. Bei den Lohnzusatzleistungen war das kein großes Problem: „In-work benefits“, gibt es so woanders nicht – die Notbremse bliebe auf Großbritannien beschränkt. Ein anderer Fall war das Kindergeld. EU-Ausländer sollten für Kinder in der Heimat nur den dort gezahlten Satz bekommen.

Gipfel-Vormann Tusk setzte die Runde der 28 Staats- und Regierungschefs stundenlang aus und versuchte, die Unstimmigkeiten in Kleinrunden auszuräumen. Die Forderung des griechischen Premiers Alexis Tsipras verschreckte die Partner: Er werde einer Vereinbarung mit den Briten nur gegen die Garantie zustimmen, dass bis zum EU-Sondergipfel am 6. März kein Partner die Grenzen dichtmache. Ob er sich damit durchsetzen konnte, war zum Redaktionsschluss nicht bekannt.