Berlin.

Alle reden über Obergrenzen – Frank-Jürgen Weise deutet sie an. Der Chef des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gab seiner Behörde für 2016 als Ziel vor, mehr als eine Million Asylanträge zu erledigen. Mit 660.000 bis 760.000 Fällen ist das Amt noch im Rückstand. Am Freitag legte Weise quasi seine Eröffnungsbilanz für das Jahr 2016 vor. Die wichtigsten Zahlen und Fakten im Überblick.

Wie ist der aktuelle Stand?

Frank und frei bekannte der BAMF-Chef am Freitag in Berlin: „Die Situation ist inakzeptabel.“ Die Zahl der Altanträge beziffert Weise mit 370.000. Zugleich weiß er, dass 300.000 bis 400.000 Asylsuchende, die 2015 nach Deutschland kamen, noch keine Anträge gestellt haben. Die Zahl ist ungenau, weil es Doppelzählungen gab und man nicht weiß, wie viele Menschen in andere EU-Länder weitergereist sind.

Wie leistungsfähig ist das BAMF?

Notgedrungen ging 2015 ein Ruck durch das BAMF. In den ersten drei Quartalen bearbeitete die Behörde jeweils 57.000 Anträge, im letzten Quartal fast das Doppelte. Anfangs erledigte man 600 Fälle pro Tag, Ende Dezember waren es dann schon 2000. Im Laufe des Jahres wird die Zahl der Stellen von 3500 auf 7300, die der wichtigen „Entscheider“ von 360 auf 1000 steigen. Bis Ende März sollen es 1700 sein. Für alle wird der Takt erhöht: Das BAMF peilt eine Zielmarke von täglich 6000 erledigten Anträgen an. Das Amt braucht nicht nur mehr Leute, sondern auch effizientere Strukturen. Es will 20 „Ankunftszentren“ aufbauen, mindestens eins pro Bundesland, und Anträge aus sicheren oder unsicheren Herkunftsstaaten – die eindeutigen Fälle – binnen 48 Stunden erledigen. Dort durchlaufen Asylbewerber alle Schritte von der Registrierung über die Antragstellung und Anhörung bis zur Entscheidung an einem Ort. Modellprojekte in Heidelberg, Bamberg und Bad Fallingbostel zeigen: Es geht.

Was ist besonders dringend?

Die Anträge aus drei nordafrikanischen Staaten werden auf Anweisung des Innenministers vorrangig behandelt. Ferner hat sich das BAMF verpflichtet, alle Altfälle aus dem Maghreb-Raum bis zum 10. März zu erledigen. Zusätzlich sicherte Weise den Ländern zu, über Anträge von straffällig gewordenen Asylsuchenden binnen 48 Stunden zu entscheiden. Im Ergebnis geht es immer darum, Leute rasch abzuschieben.

Welche Probleme gibt es?

Weise ist zwar erst seit 22. September 2015 im Amt, aber schon unter Druck. Wie er damit umgeht, führte der Mann auf einer CSU-Klausur vor, als er nach der Zahl der unerledigten Anträge gefragt wurde. „Um aus Wildbad Kreuth wieder heil rauszukommen, habe ich die untere Grenze genommen“, spöttelte der BAMF-Chef. „Es gibt noch sehr viel zu tun, und zu viel wurde noch gar nicht angepackt“, sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt dieser Zeitung. Die unerledigten Verfahren seien „schlimm“ für die Menschen und „inakzeptabel für unsere rechtsstaatliche Ordnung.“ Auch forderte Göring-Eckardt mehr Integrationsbemühungen.