Berlin.

Das Geduldspiel um eine politische Lösung des Syrien-Konflikts geht in eine neue Runde. Ursprünglich war für Freitag geplant, dass Vertreter der syrischen Regierung mit Oppositionsgruppen in Genf zusammentreffen. Doch im letzten Moment machte die wichtigste Oppositionspartei HNC einen Rückzieher. Der Koordinator der Gruppierung, Riad Hidschab, sagte dem Sender al-Arabija, die Opposition werde den Gesprächen fernbleiben, solange ihre humanitären Forderungen nicht erfüllt würden.

Die Delegation will allerdings an diesem Sonnabend anreisen, wie Oppositionssprecher Ahmed Ramadan in Istanbul sagte. Die Gegner von Syriens Präsident Baschar al-Assad verlangen den Stopp der Angriffe auf Zivilisten, ein Ende der Blockaden syrischer Städte sowie weitere Hilfslieferungen.

Der UN-Sondergesandte Staffan de Mistura sprach am Freitag zunächst mit der syrischen Regierungsdelegation.

Die Friedensverhandlungen zwischen Regime und Opposition unter Vermittlung der UN sollen den fünfjährigen Bürgerkrieg beenden. Der Fahrplan der internationalen Gemeinschaft sieht vor, dass eine Übergangsregierung gebildet und eine Verfassung ausgearbeitet wird. Binnen 18 Monaten soll es freie Wahlen geben. Seit Ausbruch des Bürgerkrieges 2011 wurden mehr als 250.000 Menschen getötet. 4,6 Millionen Syrer sind nach UN-Angaben ins Ausland geflohen, weitere 6,6 Millionen im Land selbst vertrieben.

Ein weiterer großer Streitpunkt ist die Frage, wer überhaupt am Genfer Verhandlungstisch sitzen soll. Hier verfolgen die Regionalmächte und die internationalen Akteure unterschiedliche Interessen. So fordern Saudi-Arabien und die Türkei, die oppositionelle Islamische Front einzubeziehen, die über rund 40.000 Kämpfer verfügt. Die syrische Regierung und Russland lehnen dies ab. Für sie besteht die Islamische Front aus Terroristen. Das Bündnis aus sieben Oppositionsgruppen strebt eine islamische Verfassung an und die Einführung der Scharia. Die wichtigsten Milizen sind Dschaisch al-Islam (Armee des Islam) und Ahrar al-Scham (Islamische Bewegung der Levante).

Russland macht sich wiederum für die Beteiligung der syrisch-kurdischen Partei PYD stark, die der verbotenen Arbeiterpartei PKK nahesteht. Ihr bewaffneter Arm, die Verbände der YPG, haben in Syrien einige Gebiete von den Terrormilizen des „Islamischen Staats“ (IS) zurückerobert. Darüber hinaus leisten die YPG-Kämpfer am Boden wertvolle Hilfe für die Amerikaner, die Stellungen des IS aus der Luft bombardieren. Die Türkei will hingegen eine Teilnahme der Kurden auf jeden Fall verhindern. Die Regierung in Ankara befürchtet, dass ein Erfolg der PYD Begehrlichkeiten bei den Kurden im eigenen Land wecken könnte.

Die Bundesregierung plädiert für eine möglichst breite Teilnahme von Vertretern der syrischen Regierung wie auch der Opposition – und der islamistischen Rebellengruppen. „Ich fürchte, wir sind weit über den Moment hinaus, wo wir uns wirklich alle Gesprächspartner und Verhandlungsteilnehmer aussuchen könnten“, sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Die Opposition im Bundestag sieht das ähnlich. „Alle Gruppen, die langfristig vom bewaffneten Kampf ablassen, gehören an den Verhandlungstisch“, sagte Stefan Liebich, Obmann der Linksfraktion im Auswärtigen Ausschuss. Das gelte auch für die PYD.