Berlin. Opposition lehnt Klöckners Vorstoß zu Tageskontingenten und Grenzzentren für Flüchtlinge ab

Was tun, wenn Europa scheitert, wenn Angela Merkels Plan A nicht aufgeht? Je größer die Zweifel an einer europäischen Lösung der Flüchtlingskrise, desto lauter wird der Ruf nach nationalen Alleingängen: In der Union gibt es breite Zustimmung für den Alternativplan von CDU-Vizechefin Julia Klöckner. Sie nennt ihn nicht Plan B, sondern Plan A2 – doch er geht in dieselbe Richtung: eine striktere Grenzpolitik, eine nationale Antwort zur Begrenzung des Flüchtlingszustroms.

„Der Plan von Frau Klöckner geht in die richtige Richtung“, sagte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt dem Abendblatt. Er ergänze die Anstrengungen zur Begrenzung der Flüchtlingszahlen in Deutschland und in Europa. Auch Merkels CDU-interne Kritiker applaudierten: „Es ist völlig egal, ob der Plan nun B oder A2 heißt. Hauptsache, wir gehen jetzt endlich dazu über, nationale Maßnahmen zu ergreifen“, sagte CDU-Wirtschaftsexperte Carsten Linnemann. Parteivize Klöckner hatte in einem Papier unter dem Titel „Plan A2“ Tageskontingente für Flüchtlinge und Grenzzentren ähnlich den von der SPD abgelehnten Transitzonen vorgeschlagen.

Die Opposition rügte Klöckners Vorstoß: „Ein Flüchtling ist ein Mensch und kein Sack Reis, der palettenweise an der Grenze über Monate geparkt werden kann“, sagte Linke-Chef Bernd Riexinger. Und FDP-Chef Christian Lindner moniert: „In Deutschland regiert das Chaos, und die CDU übt sich in Wortklauberei. Wir erwarten, dass die Bundesregierung endlich handelt.“

An der Grenze werden pro Tag bis zu 200 Flüchtlinge abgewiesen

Die Grünen sehen in Klöckners Vorstoß eine Attacke auf die Kanzlerin: „Das ist schon eine obskure Form von Landtagswahlkampf, wenn Julia Klöckner bei sinkenden CDU-Umfragewerten in Rheinland-Pfalz gegen ihre eigene unionsgeführte Bundesregierung zu punkten versucht“, sagte Grünen-Chef Cem Özdemir dem Abendblatt. „So kann man der Kanzlerin auch das Vertrauen entziehen.“

Derzeit kommen jeden Tag mehr als 2000 Flüchtlinge über die Grenze – anders als im letzten Jahr weist die Bundespolizei inzwischen aber täglich 100 bis 200 Flüchtlinge ab. Zum Vergleich: Im gesamten Monat Oktober wurden nur 400 Flüchtlinge abgewiesen. Am Montag sollen bei einem Treffen der EU-Innenminister die Weichen für eine Verlängerung der Kontrollen an EU-Binnengrenzen gestellt werden. Deutschland hatte am 13. September 2015 Grenzkontrollen eingeführt, sie gelten vorerst bis Mitte Februar.

In der Flüchtlingskrise verschärft sich unterdessen der Ton zwischen den europäischen Partnern: Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier kritisierte die österreichische Regierung für ihre Drohung, Griechenland aus dem europäischen Raum der Reisefreiheit auszuschließen. „Scheinlösungen wie der Ausschluss einzelner Staaten aus dem Schengenraum bringen niemanden weiter“, sagte der SPD-Politiker dem Abendblatt. Vor allem reduzierten sie nicht die Flüchtlingsströme, „sondern spalten Europa und laden die ganze Last bei Einzelnen ab, die dann vor ungeahnten wirtschaftlichen, sozialen und humanitären Problemen stehen würden“. In Griechenland gingen seit Anfang des Jahres 35.455 Flüchtlinge an Land, die meisten reisen nach Deutschland und Österreich weiter. Wien hatte in der letzten Woche die Einführung einer nationalen Obergrenze beschlossen.

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