Warschau . Außenminister meidet Streitthemen und betont Grundsätzliches

Frank-Walter Steinmeier steht im Salomonsaal des Lazienki-Palais in Warschau, einem Königspalast aus dem 18. Jahrhundert. Im Zweiten Weltkrieg hatte die deutsche Wehrmacht ihn zerstört, später bauten ihn die Polen wieder auf. Kristalllüster, weißer Marmor, Blattgold – feierliche Atmosphäre. Der deutsche Außenminister spricht hier über den „langen und schwierigen Weg“ der deutsch-polnischen Beziehungen, über die frühere „Gegnerschaft“ und die „Annäherung“ bis hin zur „Freundschaft“. Dieses Glück sei zu wertvoll, „als dass wir es jemals zum Spielball der Tagespolitik werden lassen“, so Steinmeier. Sein Amtskollege Witold Waszczykowski lächelt und lobt den Deutschen als „großen Freund Polens“.

Hört man den zwei Chefdiplomaten zu, sind es vor allem Nettigkeiten und der Exkurs ins Grundsätzliche, die Deutsche und Polen verbinden. Immerhin stimmt der persönliche Draht zwischen den beiden. Steinmeier hatte Waszczykowski am Tag seiner Ministerernennung Ende November sofort angerufen und zum Abendessen nach Berlin eingeladen. Bei dem Termin vereinbarten die beiden eine Art Frühwarnsystem. Wann immer sich eine Krise abzeichne, wolle man sich informieren, so die Absprache.

Ganz aktuell zweifelt die EU-Kommission an der Rechtsstaatlichkeit in Polen, man kann das eine Krise nennen. Brüssel ist besorgt, dass Polens nationalkonservative Regierung und die mit absoluter Mehrheit regierende Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) die Medien auf Linientreue trimmen und das Verfassungsgericht lahmlegen wollen. Steinmeier wird also von Journalisten gefragt, ob sich die beiden bei europäischen Streitthemen nähergekommen seien. Steinmeiers schmallippige Antwort: „Das ist eine Frage der EU-Kommission, die Polen beantworten wird. Das habe ich nicht zu kommentieren.“ Der deutsche Außenminister packt in Warschau die Samthandschuhe aus. Er will auf seiner eintägigen Reise die Stimmung im Nachbarland testen. Am Nachmittag trifft er Ministerpräsidentin Beata Szydlo. Die alte polnische Regierung hatte sich bereit erklärt, rund 7000 Migranten unterzubringen. „Wir stehen zu unseren Verpflichtungen“, unterstreicht Ministerpräsidentin Szydlo. Erst im Februar will sie zum Antrittsbesuch nach Berlin reisen.

Doch auch wenn Steinmeier sowohl gegenüber Szydlo als auch im Gespräch mit seinem Amtskollegen Waszczykowski europäische Lösungen befürwortet und nationale Maßnahmen ablehnt – von europäischer Solidarität ist in Warschau an diesem Tag nicht viel zu spüren. Deutsche Hoffnungen auf weitere Schritte wischt Waszczykowski vom Tisch: „Wir haben bereits rund eine Million Ukrainer in Polen“, sagt er.

Für die Polen ist eine dauerhafte starke Nato-Präsenz in Osteuropa ein viel wichtigeres Anliegen. „Wir hoffen auf die Unterstützung der Deutschen beim Nato-Gipfel im Juli in Warschau“, betont der Außenminister. Steinmeier kontert, dass die Bundeswehr beim Aufbau schneller Krisenreaktionskräfte eine maßgebliche Rolle spiele. Es ist ein Formelkompromiss, der die unterschiedlichen Interessen der beiden Länder übertünchen soll. Während die Bundesregierung den Dialog mit Russland im Ukraine-Konflikt nicht abreißen lassen will, pocht Warschau auf eine härtere Gangart gegenüber Moskau.