München/Hamburg. Bemerkenswertes Interview von Bayerns Poltergeist. Will Seehofer gegen Merkel putschen? Vermögen von Flüchtlingen wird beschlagnahmt.

Den Schwächeanfall bei der CDU-Klausur in Wildbad Kreuth wischte der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer barsch beiseite. Es gehe ihm bestens, sagte Seehofer zu Moderator Thomas Roth in den ARD-Tagesthemen am Mittwochabend. Und Seehofer, der einst schwer erkrankt war und sich zeitweise aus der Politik zurückgezogen hatte, lederte gleich los gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung und gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel persönlich. Seehofers Antworten, wenn auch ungewohnt fahrig vorgetragen, waren unzweifelhaft klar: Mit oder ohne Merkel – es müsse eine Wende in der Flüchtlingskrise geben und eine Obergrenze sowieso.

Dabei vermied es Seehofer, von Zäunen an den Außengrenzen zu sprechen, wohlwissend, dass das ein schlechtes Symbol wäre. Doch von strengen Grenzkontrollen war die Rede. Und: Noch einmal eine Million Flüchtlinge könne Deutschland nicht aufnehmen. Das könne das Land finanziell und sozial in eine schwere Krise stürzen.

Ultimatum an Merkel ohne genaue Zeitangabe

Für sein Ultimatum benannte Seehofer zwar keinen Zeitpunkt, doch es war klar: Hier geht es um wenige Wochen, bis Merkel zustimmt oder nicht. Auch die Konsequenz – Verfassungsklage oder gleich Putsch gegen Merkel – war nicht ganz klar. Doch hier stand einer und sagte: So geht's nicht weiter. Wir schaffen das nicht mehr.

Seehofer sieht keine Bewegung. Es gebe keine Anzeichen, dass Merkel auf seinen Kurs einschwenke. "Dieser Tag war enttäuschend. Wir gehen da politisch auf schwierige Wochen und Monate zu." Merkels Bemühen, eine europäische Lösung für die Verteilung von Flüchtlingen zu finden, gibt der bayerische Ministerpräsident kurzfristig keine Chance: "Wir glauben nicht daran, dass innerhalb der nächsten Zeit in Europa Lösungen gefunden werden, die die Flüchtlingszahlen begrenzen. Deshalb müssen wir jetzt als Deutsche handeln."

Will Seehofer die Kanzlerin stürzen?

Auf die Frage, ob die Kanzlerin über die Flüchtlingsfrage stürzen könnte, antwortete Seehofer: "Ich sage auch Ihnen und der deutschen Öffentlichkeit, wir wollen das Problem lösen und zwar mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel: Aber die Betonung liegt bei mir auf Lösung."

Seehofer schloss aus, dass die CSU die Koalition aufkündigen werde, "weil man innerhalb einer Regierung mehr bewirken kann als wenn man eine Regierung verlässt". Die CSU wolle weiterhin in der Flüchtlingsfrage "in die CDU hineinwirken".

Den Beschluss der österreichischen Regierung, eine Obergrenze für Asylsuchende in Österreich einzuführen, begrüßte Seehofer. Das sei "die momentan einzige denkbare Lösung". Auch Deutschland brauche dringend eine Obergrenze.

Flüchtlinge: Polizei kann Bargeld und Schmuck beschlagnahmen

Unterdessen wurde bekannt, dass wie in der Schweiz Flüchtlinge auch in Bayern und Baden-Württemberg mitgeführtes Bargeld abgeben müssen. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann sagte der „Bild“-Zeitung: „Die Praxis in Bayern und die bundesgesetzlichen Regelungen im Asylbewerberleistungsgesetz entsprechen im Wesentlichen dem Verfahren in der Schweiz. Asylbewerber werden bei der Ankunft in den Aufnahmeeinrichtungen auf Dokumente, Wertsachen und Geld durchsucht. Barvermögen und Wertsachen können sichergestellt werden, wenn es mehr als 750 Euro sind und wenn ein Erstattungsanspruch gegen die Person besteht oder erwartet wird.“

Auch in Baden-Württemberg könne die Polizei Vermögen oberhalb von 350 Euro einbehalten. Im Dezember 2015 sei es pro betroffener Person durchschnittlich ein vierstelliger Betrag gewesen, berichtet das Blatt. Bayern und Baden-Württemberg vollziehen damit Bundesrecht, wonach Asylsuchende zuerst ihr eigenes Vermögen aufbrauchen müssen, wie es heißt.

Umfrage: Wähler wenden sich von Union und SPD ab

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), sagte der Zeitung: „Wer bei uns einen Asylantrag stellt, muss vor der Hilfegewährung grundsätzlich sein Einkommen und Vermögen aufbrauchen, dazu zählt z.B. auch der Familienschmuck. Auch wenn sich manche Vorurteile hartnäckig halten – als Asylbewerber hat man es mitnichten besser als ein Hartz-IV-Empfänger.“

Dass das Vertrauen in die staatstragenden Parteien der Großen Koalition sinkt, lässt sich auch na der neuen Forsa-Umfrage für "Stern" und RTL ablesen. Demnach würden sich 40 Prozent der Wähler, die bei der Bundestagswahl 2013 für die Union gestimmt hatten, heute anders wählen. Bei den SPD-Wählern sind es sogar 45 Prozent, die ihrer Partei den Rücken gekehrt haben.