Havanna . SPD-Chef besucht mit großer Wirtschaftsdelegation den sozialistischen Inselstaat

Für seine Botschaft an die kubanische Regierung hätte sich Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) keine spannendere Kulisse wählen können. Im legendären „Hotel Nacional“ in Havanna logierten einst Marlene Dietrich und Ernest Hemingway, dann kam die Mafia, später schloss der kubanische Revolutionsführer Fidel Castro persönlich das Kasino der Luxusherberge. Jetzt steht Gabriel hier in einem Salon und macht der Regierung des sozialistischen Inselstaats ein großes Angebot: Berlin wolle eine „Partnerschaft auf Augenhöhe“ , sagt der Minister zur Eröffnung einer deutsch-kubanischen Unternehmerkonferenz. Es gebe viele neue Perspektiven für die wirtschaftlichen und politischen Beziehungen, Deutschland biete Technologie, langfristiges Engagement und hoch qualifizierte Arbeitsplätze.

Das sind neue Töne, viele Jahre herrschte Stillstand zwischen Berlin und Havanna. Doch seit Kubas Präsident Raúl Castro und US-Präsident Barack Obama vor gut einem Jahr mit der Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen das Startzeichen für eine Annäherung gaben, blühen die Hoffnungen auch in Deutschland: Bundesregierung und Wirtschaft wollen mit dabei sein, wenn sich Kuba für ausländisches Kapital öffnet, um die Wirtschaft zu modernisieren.

Gabriel ist mit einer 60-köpfigen Unternehmerdelegation gekommen, er will Türen aufstoßen für deutsche Firmen. Draußen sonnen sich Hotelgäste, drinnen ermutigt Gabriel die kubanische Führung in ihrem Kurs der wirtschaftlichen Lockerung. Als Signal vereinbaren beide Seiten die Einrichtung eines ständigen Büros der deutschen Wirtschaft in Havanna. „Das Interesse deutscher Unternehmen ist riesig“, sagt Gabriel. VW ist in der Delegation vertreten, Siemens, Bosch, viele Mittelständler. Sie lockt der enorme Nachholbedarf in dem Land mit rund elf Millionen Einwohnern. Auf den Straßen sind noch viele uralte amerikanische Straßenkreuzer unterwegs, lange Jahre konnten die Kubaner keine Pkw kaufen – jetzt werden sie zu horrenden Preisen gehandelt. Straßen, Eisenbahnen, Telekommunikationsnetze müssen erneuert werden. 80 Prozent der Lebensmittel werden noch importiert, Armut ist allgegenwärtig.

„Der Investitionsbedarf ist hoch, deutsche Produkte genießen einen guten Ruf“, sagt Gabriel. Es wird ein Wettrennen vor allem mit den USA – sie werden langfristig auf dem Markt vor ihrer Haustür die besten Chancen haben. Havanna fürchtet bereits amerikanische Dominanz und wirbt auch deshalb um deutsche Hilfe. Doch es gibt Hindernisse: Der Inselstaat bleibt eine Planwirtschaft mit kommunistischer Einparteienregierung, Handels- und Investitionshemmnisse sind groß, es fehlt an Devisen. Gabriel mahnt mehr Rechtssicherheit an. Als der Minister noch Jungsozialist war, hing ein Poster des Revolutionärs Che Guevara in seinem Zimmer, wie er auf dem Hinflug erzählt – jetzt ist er glaubwürdiger Botschafter der Marktwirtschaft.