Berlin .

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat den Mindestlohn zum ersten Jahrestag seiner Einführung als arbeitsmarktpolitischen Meilenstein bezeichnet. „Der Mindestlohn kommt genau dort an, wo er am dringendsten gebraucht wird: bei Ungelernten, Beschäftigten der Dienstleistungsbranchen und in Ostdeutschland“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell dem Abendblatt. Ungelernte hätten im Schnitt ein Lohnplus von 3,3 Prozent, in den ostdeutschen Bundesländern sogar von neun Prozent verbuchen können. Zudem seien neue Jobs geschaffen worden, etwa durch die Umwandlung von Minijobs in reguläre Stellen. Körzell kündigte für Mitte 2016 einen Vorschlag der Mindestlohnkommission zur Erhöhung der Lohnuntergrenze an, der die Tarifentwicklung und die Wirtschaftslage in Betracht ziehen werde.

Die SPD unterstützt die Forderung nach einer Erhöhung des Mindestlohns über das geltende Niveau von 8,50 hinaus. „Natürlich sollte der Mindestlohn steigen, keine Frage“, sagte Generalsekretärin Katarina Barley dem Abendblatt. Die Erhöhung liege aber in den Händen der Tarifpartner. „Alle Untergangsszenarien über einen Arbeitsplatzabbau durch den Mindestlohn haben sich als grober Unfug erwiesen“, sagte Barley. Der Mindestlohn habe im Gegenteil die Kaufkraft gestärkt, „und wir haben mehr sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze bekommen, weil 450-Euro-Jobs umgewandelt wurden“. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Groß sagte dem Abendblatt: „Wir müssen bei einem Stundenlohn von 11 oder 12 Euro landen, damit die Beschäftigten eine Chance haben, im Alter oberhalb der Grundsicherung abgesichert zu sein.“

Über eine Erhöhung des Mindestlohns entscheidet eine Kommission, die aus jeweils drei Vertretern von Gewerkschaften und Arbeitgebern und einem unparteiischen Vorsitzenden besteht. Sie werden bis zum Sommer eine Entscheidung treffen, ob und wie stark der Mindestlohn 2017 steigen soll. Maßstab dafür sollen die zuvor erzielten Tarifabschlüsse sein.