Bagdad. Terrormiliz IS verlor im Jahr 2015 rund 14 Prozent ihres Herrschaftsgebiets

Die irakische Armee ist am Dienstag in das Zentrum der Stadt Ramadi vorgestoßen. Mit der Offensive will sie die Extremistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) vertreiben, die die Hauptstadt der westlichen Provinz Anbar seit Mai besetzt hält. Der Angriff habe in den frühen Morgenstunden begonnen, sagte ein Militärsprecher. Zuvor hatte die Armee monatelang die Nachschublinien des IS unter Beschuss genommen.

„Unsere Streitkräfte dringen zum Regierungskomplex im Stadtzentrum vor“, sagte Militärsprecher Sabah al-Numani. Die Luftwaffe unterstütze die Bodentruppen bei den Kämpfen. Der irakische Geheimdienst schätzt die Zahl der in Ramadi verbliebenen IS-Kämpfer auf 250 bis 300. Am Sonntag hatte die Luftwaffe über Ramadi Flugblätter abgeworfen, in denen die Bevölkerung aufgefordert worden war, die Stadt binnen 72 Stunden zu verlassen.

Begonnen hatte der Angriff am Euphrat. Die Soldaten hätten den Fluss über eine Brücke überquert, die Pioniere nach der Zerstörung durch den IS wieder repariert hätten. Die Flussüberquerung sei die komplizierteste Phase gewesen, da die Gegner Scharfschützen und Selbstmordattentäter gegen die Soldaten eingesetzt hätten, sagte der Militärsprecher.

Im Norden Syriens sind vor allemkurdische Einheiten erfolgreich

Sollte die Rückeroberung des 100 Kilometer westlich von Bagdad gelegen Ramadi gelingen, würde dem IS die zweite größere Stadt entrissen. Im April hatte die Armee die Extremisten bereits aus Tikrit vertrieben. Die Großstädte Mossul und Falludscha sind noch in deren Händen.

Im ablaufenden Jahr hat der IS in Syrien und im Irak große Regionen verloren. Das Herrschaftsgebiet der Dschihadisten schrumpfte von Januar bis Anfang Dezember um etwa 14 Prozent, wie der militärische Branchendienst „IHS Jane’s Conflict Monitor“ schätzt. Neben der irakischen Armee eroberten vor allem kurdische Einheiten im Norden Syriens viel Territorium zurück. Die kurdischen Volksschutzeinheiten (YPG) haben den IS unter anderem aus der monatelang umkämpften Grenzstadt Kobane zurückgedrängt. Die syrischen Kurden konnten das Gebiet unter ihrer Kontrolle mehr als verdoppeln. Nach weiteren Erfolgen kontrollieren sie mittlerweile den größten Teil der Grenze zur Türkei.

Laut „IHS Jane’s Conflict Monitor“ verkleinerte sich das IS-Gebiet, von der Miliz „Kalifat“ benannt, in diesem Jahr um rund 12.800 auf nun 78.000 Quadratkilometer. Das entspricht in etwa der Fläche der Tschechischen Republik. Große Teile des IS-Herrschaftsgebiets bestehen allerdings aus Wüste.

In seinem Herrschaftsgebiet haben der IS und sein Anführer Abu Bakr al-Bagdadi ein „Islamisches Kalifat“ ausgerufen, in dem sie mit Polizei und Geheimdienst herrschen. Der IS kassiert Steuern und betreibt eine eigene Justiz. Die Extremisten beherrschen zudem das Bildungssystem, organisieren Sozialunterstützung und verteilen Saatgut an Bauern.