Kabul. Schlechte Nachrichten vom Hindukusch reißen nicht ab. 2015 war katastrophales Jahr

Ein Selbstmordattentäter hat bei einem Anschlag nahe der US-Militärbasis Bagram nach Angaben der Nato mindestens sechs internationale Soldaten mit in den Tod gerissen. Drei weitere seien verletzt worden, sagte der Sprecher der Nato-Mission Resolute Support, Michael Lawhorn. Der Leiter des Bezirks Bagram, Abdul Schakur Kundus, meinte, die Opfer seien amerikanischer Herkunft. Der Attentäter sei mit seinem Motorrad in eine afghanisch-amerikanische Fußpatrouille gefahren und habe dann einen Sprengsatz gezündet.

Die US-Militärbasis Bagram liegt in der Provinz Parwan nahe Kabul. In der Hauptstadt selbst wurde eine amerikanisch-afghanische Frau von einem Attentäter umgebracht. Die schlechten Nachrichten vom Hindukusch reißen auch zum Ende des katastrophalen Jahres 2015 nicht ab.

Mohammad Rassuljar etwa war so verzweifelt, dass er den Hilferuf öffentlich machte. „Während ich dies schreibe, steht Helmand vor dem Kollaps! Herr Präsident Ghani, es ist dringend erforderlich, dass Sie hierherkommen“, schrieb der stellvertretende Gouverneur der Provinz Helmand auf seine Facebook-Seite. Innerhalb weniger Minuten erreichte sein Flehen am Sonntag die afghanischen, dann die internationalen Medien.

Erfolge hatte diese Regierung2015 nur wenige aufzuweisen

Seitdem ist klar: Die afghanischen Sicherheitskräfte verlieren einen weiteren Kampf gegen die Taliban. Im September hatten diese bereits das Zentrum der Nordprovinz Kundus für einige Tage in ihrer Gewalt. Es war bis zu dem Zeitpunkt der größte militärische Erfolg der Aufständischen gewesen. Helmand aber wäre ein noch weit größerer. Die Provinz ist das Zentrum von Drogenanbau und Opiumhandel in Afghanistan. Wer hier herrscht, hat Zugang zu Milliardeneinnahmen.

Kurz nach Rassuljars Hilferuf fiel das Zentrum des Bezirks Sangin. Damit sind nun insgesamt fünf von Helmands 15 Bezirken unter der Kontrolle der Islamisten. In zwei weiteren halten Regierungstruppen nur noch das Zentrum. Die jüngsten Nachrichten aus Afghanistan lassen keine Zweifel daran, wer im Land zum Ende des Jahres die Oberhand hat.

Afghanistans neuer Präsident, Aschraf Ghani, hatte der rasanten Verschlechterung der Sicherheitslage 2015 wenig entgegenzusetzen. Nach der Wahl im September des Vorjahres hatte er versprochen, alles solle besser werden: Sicherheit, Schutz der Menschenrechte, Regierungsführung. Aber dann dauerte es allein sieben Monate, bis im April 2015 das Kabinett vollständig war.

Erfolge hatte diese Regierung 2015 nur wenige aufzuweisen. Der wichtigste war wohl, dass Aschraf Ghani es geschafft hat, das Verhältnis mit den Gebern zu reparieren. Vor allem das mit den Amerikanern, die der vorherige Präsident Hamid Karzai gründlich verärgert hatte. Auch darauf ist zurückzuführen, dass die Nato jüngst beschloss, den Abzug aus Afghanistan zu stoppen und 12.000 Soldaten im Land zu lassen - Bundeswehr inbegriffen.