Berlin. Frauenbeauftragte des Ministeriums sieht Defizite bei Familienfreundlichkeit

Die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie gehört zu den wichtigsten politischen Zielen von Familienministerin Manuela Schwesig (SPD). Doch ausgerechnet in ihrem eigenen Ministerium gibt es jetzt Klagen über familienunfreundliche Arbeitsbedingungen: Immens hohe Belastung der Beschäftigten, ständige Terminverlegungen, schlechte Bedingungen für Teilzeitkräfte oder fehlendes Personal kritisiert die Gleichstellungsbeauftragte des Ministeriums, Kristin Rose-Möhring, in einem internen Schreiben an die Mitarbeiter, das dem Abendblatt vorliegt.

Es stelle sich die „Frage nach der Diskrepanz zwischen nach außen propagierter und nach innen gelebter Vereinbarkeit von Beruf und Familie“, erklärt Rose-Möhring. Und sie warnt sogar: Durch Arbeitsdruck und fehlende organisatorische Begleitung drohten Errungenschaften wie Teilzeitarbeit, Mobilarbeit oder Arbeitszeitflexibilität „zum Bumerang zu werden“, was „familien- und frauenpolitisch fatal“ wäre.

Für das Familienministerium wiegen solche Vorwürfe besonders schwer. Schwesig hatte angekündigt, sie wolle den Schwerpunkt ihrer Familienpolitik auf die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie legen. „Ich will damit aufräumen, dass Eltern immer wieder das Gefühl vermittelt bekommen, sie müssten sich zwischen Kind und Job entscheiden“, so die Ministerin. Die Gleichstellungsbeauftragte hatte schon früher über familienfeindliche Urlaubsunterbrechungen oder dienstliche Anrufe am späten Abend geklagt.

Gebessert hat sich offenbar nichts. Das Ministerium wähnt sich auf der richtigen Seite: Bei einer Mitarbeiterbefragung hätten 80 Prozent die Vereinbarkeit von Beruf und Familie im Ministerium positiv bewertet. Und der Anteil von Frauen in Führungspositionen ist in Schwesigs Ressort mit 53 Prozent so hoch wie in keinem anderen Ministerium. Über die Arbeitsbedingungen sagt das noch nichts. Rose-Möhring berichtet über Frauenversammlungen, in denen Mitarbeiterinnen über hohe Belastung, die Verlegung von Terminen in familienfeindliche Zeiten oder fehlenden Ersatz für Kollegen in Elternzeit klagten.