Moskau/Berlin.

Mal konfrontativ, mal versöhnlich, mal schrill und mal schräg: Bei seiner stellenweise launigen Jahrespressekonferenz am Donnerstag gab der russische Präsident Wladimir Putin den vielseitigen Machtmenschen. Er übte scharfe Kritik an der Türkei, schenkte nebenbei der amerikanischen Regierung einen ein und lobte den republikanischen US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump sowie Fifa-Chef Joseph Blatter.

Mit Blick auf die Türkei habe er „keine Hoffnung“ auf eine Besserung der Beziehungen, erklärte der Kremlchef vor rund 1400 Journalisten. „Der Abschuss des Flugzeugs war ein feindlicher Akt“, sagte Putin über den Vorfall Ende November, bei dem die türkische Luftwaffe einen russischen Kampfjet über Syrien abgeschossen hatte. Russland verhängte nach dem Abschuss Strafmaßnahmen gegen Ankara und sagte Treffen von Spitzenpolitikern ab.

Putin deutet Unterstützungfür Uno-Resolution zu Syrien an

Es sei praktisch unmöglich, mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan eine Verständigung zu finden, so Putin. Er warf den Türken vor, sie hätten es versäumt, die russischen Luftstreitkräfte zu informieren, dass die Türkei in dem von Turkmenen besiedelten syrischen Grenzgebiet ihre eigenen Interessen verfolge.

Der russische Präsident deutete an, dass die USA die Türkei zu dem Abschuss angestachelt habe. „Jemand in der türkischen Führung wollte den Amerikanern in eine bestimmte Stelle kriechen“, rügte er. Anwesende Journalisten quittierten die Äußerung mit Gelächter. Er wisse nicht, ob eine „dritte Seite“ hinter der türkischen Feindseligkeit stehe, so Putin in Anspielung auf die US-Regierung. Die angespannten Beziehungen zwischen Russland und dem Nato-Mitglied Türkei gelten als eines der Hindernisse für eine politische Lösung in Syrien. Russland gehört zu den wichtigsten Verbündeten des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad und steht ihm mit Luftangriffen zur Seite. Die Türkei unterstützt dagegen Gegner des Machthabers.

Dennoch streckte Putin auch Friedensfühler Richtung Amerika aus. So stehe Moskau hinter den US-Bemühungen um eine Uno-Resolution im Syrien-Krieg. Washington habe einen annehmbaren Vorschlag gemacht, auch wenn an manchen Punkten noch gearbeitet werden müsse. „Im Großen und Ganzen passt uns das“, kommentierte Putin den Vorschlag, den ihm US-Außenminister John Kerry bei einem Besuch in Moskau am Dienstag vorgestellt hatte.

Im Kampf gegen Terroristen in Syrien gebe Russland auch der gemäßigten Opposition Rückendeckung, unterstrich Putin. „Das war eine Idee des französischen Präsidenten François Hollande, die Kräfte der syrischen Armee und Teile der bewaffneten Opposition im Kampf gegen den ,Islamischen Staat‘ zu vereinen.“ Der Westen hatte Russland in den vergangenen Monaten vorgeworfen, bei seiner Intervention auch moderate Oppositionelle anzugreifen. Moskau wies dies immer wieder zurück.

Gleichzeitig erteilte Putin Forderungen nach einem Rücktritt Assads erneut eine Abfuhr. Eine ausländische Macht dürfe niemals darüber entscheiden, wer in Syrien regiere. An diesem Freitag befasst sich die internationale Syrien-Konferenz in New York mit dem Thema – auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) nimmt daran teil. Die Position westlicher Staaten hat sich allerdings in den vergangenen Wochen gewandelt: Derzeit wird in den Verhandlungen die Frage der Zukunft Assads ausgeklammert. Die Gesprächspartner konzentrieren sich auf die Ausrufung eines Waffenstillstands und die Bildung einer Übergangsregierung.

Lobende Worte fand Putin über den republikanischen US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump. „Er ist ein sehr auffälliger Mann und ohne Zweifel sehr talentiert.“ Trump habe gesagt, er strebe eine Vertiefung der Beziehungen zu Russland an. „Wie könnten wir das nicht begrüßen. Natürlich begrüßen wir das“, so Putin.

Blatter sollte Friedensnobelpreisverliehen bekommen

Mit Blick auf Blatter verteidigte der Präsident die Lebensleistung des unter Korruptionsverdacht stehenden Fifa-Chefs. „Blatter hat viel für die Entwicklung des Fußballs getan.“ Dem Schweizer sei es beim Fußball immer auch um soziale Entwicklung und internationale Zusammenarbeit gegangen. „Das ist mal jemand, dem man den Friedensnobelpreis geben sollte“, so Putin. Russland richtet 2018 die Fußball-Weltmeisterschaft aus.

Angesichts der schweren Wirtschaftskrise in Russland machte Putin seinen Landsleuten Mut. „Der Höhepunkt der Krise ist überschritten“, sagte der Präsident. Statistische Daten zeigten eine wirtschaftliche Stabilisierung. Vor allem der Ölpreisverfall hatte den Haushalt der Rohstoffmacht belastet und zu einer massiven Abwertung des russischen Rubels geführt. Die Bevölkerung hatte unter den verteuerten Einfuhren gelitten. Experten stuften den Auftritt als Beruhigungspille ein. „Putins Botschaft war auch dieses Mal: Es gibt ein paar Probleme, aber die lösen wir. Keine Angst, in Russland bleibt alles beim Alten“, meinte der Moskauer Politologe Juri Korgonjuk.