Paris.

Geld regiert die UN-Klimaverhandlungen in Paris, die nun in die entscheidende Phase gehen. Heute will Frankreichs Außenminister und Konferenzpräsident Laurent Fabius endlich einen weitestgehend ausformulierten Vertrag zum weltweiten Kampf gegen die Erderwärmung auf dem Tisch liegen haben. Milliardenschwere Finanzzusagen an arme Länder sollen in letzter Minute den Weg zu Kompromissen ebnen. Doch eine Gruppe von Blockierern rund um Saudi-Arabien bremst den Prozess. Es ist ein deutscher Senkrechtstarter unter den Klimadiplomaten, der eine Einigung herbeiführen helfen soll: Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth. Auf der Klimakonferenz in Paris wurde der 53-Jährige von Laurent Fabius in den inneren Kreis der Verhandler berufen, um die hartnäckigsten Streitfragen zwischen Ländern zu lösen.

Gemeinsam mit dem Außenminister von Gabun, Emmanuel Issozé Ngondet, soll Flasbarth einen Kompromiss bei der Klimafinanzierung ausloten. Es geht um Milliarden, die Industrieländer armen Ländern für Klimaschutzmaßnahmen zugesagt haben. Versprochen war, ab dem Jahr 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar in einen Fonds einzuzahlen. Vor wenigen Tagen hat das UN-Klimasekretariat eine Liste der vorliegenden Finanzzusagen veröffentlicht. Nun streiten Unterhändler, wie viele Milliarden tatsächlich in dem Topf sind: Je nach Berechnungsmethode sind es 94 Milliarden oder aber nur knapp mehr als 80 Milliarden. Das Finanzthema gilt als entscheidender Punkt der Konferenz: Sind die Kassen gefüllt, wären Schwellen- und Entwicklungsländer wohl eher bereit, ehrgeizigeren Klimazielen zuzustimmen.

Flasbarths Sondermission hat einen Haken. Weil der Finanzierungsbedarf zunimmt und sich die Industrieländer nicht alleine zur Kasse bitten lassen wollen, sollen auch wohlhabende Schwellen- und Entwicklungsländer mitzahlen. Das aber ruft eine kleine, aber einflussreiche Gruppe von Blockierern auf den Plan. Angeführt wird sie von Saudi-Arabien. Das 13.-reichste Land der Welt lehnt es kategorisch ab, einen finanziellen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels zu leisten. Denn obwohl der Wüstenstaat dank seiner Öl- und Gasvorkommen zur Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer gehört, will er bei den Klimaverhandlungen weiter als Entwicklungsland eingestuft werden. Saudi-Arabien blockiert auch den Vorschlag, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Man dürfe nicht zwischen dreckigen und sauberen Energieträgern unterscheiden, sagte der saudi-arabische Ölminister Ali al-Naimi zu Beginn der Konferenz. Bei Klimaschützern hat er einen Namen: Dr. No.

„Saudi-Arabien versucht, Einfluss auf die Delegationen der arabischen Welt zu nehmen, was zu absurden Situationen im Plenum der Konferenz führt“, sagt Christoph Bals, politischer Geschäftsführer der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch. „Ägypten etwa spricht sich gegen das 1,5-Grad-Ziel aus, um gleichzeitig als Mitglied der afrikanischen Staaten die Erwähnung im Vertrag zu fordern.“ Auch Katar segle im Fahrwasser der Saudis. „Wenn ein Land mit dem pro Kopf gerechnet höchsten Einkommen und meisten CO2-Emissionen weltweit einen finanziellen Beitrag verweigert und sich dann noch als Entwicklungsland ausgibt, dann widerspricht das dem Geist der UN-Klimakonvention“, so Bals. „Ich hoffe, dass China und die USA die Blockierer letztlich zur Ordnung rufen.“

Im Klimapoker von Paris wird es nun ernst. Im Laufe des heutigen Tages soll ein Vertragsentwurf vorgelegt werden, der bestenfalls nur noch übersetzt werden muss, um dann im Plenum von der Staatengemeinschaft verhandelt zu werden. Bis zuletzt aber markierten mehrere Hundert eckige Klammern auf 38 Seiten die umstrittenen Punkte.

Die EU, angeführt von Deutschland, gab noch am Dienstagabend ein starkes Signal. In einem demonstrativen Schulterschluss mit 79 Ländern aus Afrika, der Karibik und dem Pazifik forderte sie ein ehrgeiziges und verbindliches Abkommen, das auch ein klares langfristiges Klimaschutzziel enthält. Deutschland hatte zuvor angekündigt, seinen Beitrag zum Klima-Anpassungsfonds auf 140 Millionen Euro aufzustocken. Zeitgleich liefen nach Angaben mehrerer Europa-Parlamentarier hinter den Kulissen auch intensive Gespräche zwischen den beiden größten Treibhausgassündern USA und China. Kurz: Es bilden sich Allianzen.

Im Klimapoker von Paris brechen nun die entscheidenden Stunden an. Die meisten Teilnehmer haben ihre Hotelzimmer bis zum Samstag gebucht. Mit Option auf Verlängerung.