Paris.

Selten schüttelten sich bei einem internationalen Gipfel so viele Spitzenpolitiker die Hände. 150 Staats- und Regierungschefs trafen sich gestern im Pariser Vorort Le Bourget zur UN-Klimakonferenz. US-Präsident Barack Obama war ebenso eingeflogen wie sein russischer Amtskollege Wladimir Putin, der chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping oder Kanzlerin Angela Merkel. Offiziell stand die Begrenzung der globalen Erderwärmung auf der Tagesordnung. Aber am Rande redeten die Mächtigen auch über Syrien, die Terrorgefahr und die Flüchtlingskrise.

Der Gastgeber, Frankreichs Präsident François Hollande, eröffnete die Runde pathetisch und staatstragend. „Auf Ihren Schultern ruht die Hoffnung der gesamten Menschheit“, sagte er. „Es geht bei dieser Klimakonferenz um den Frieden“, fügte er hinzu. „Es stand noch nie so viel auf dem Spiel, denn es geht um die Zukunft des Planeten.“ Immerhin, das Gesprächsklima am ersten Tag der zweiwöchigen Konferenz war gut. Die Staats- und Regierungschefs bekräftigten mit warmen Worten ihren Willen, ein Abkommen zu schließen. Aber die härtesten Streitpunkte werden in den nächsten Tagen und Nächten in Hinterzimmern oder in bilateralen Gesprächen verhandelt.

An Tag eins übernahm – wie erwartet – Deutschland die Rolle des Schrittmachers. Bundeskanzlerin Merkel wies darauf hin, dass die bislang von mehr als 180 Staaten zugesagten Beiträge zum Klimaschutz noch nicht ausreichten, um das Ziel zu erreichen, bis 2100 den Anstieg der Erderwärmung auf zwei Grad Celsius zu beschränken. „Deutschland wünscht sich eine Überprüfung alle fünf Jahre, beginnend vor 2020“, sagte sie. Die bislang freiwillig abgegebenen, zum Teil schwammig formulierten Klimaziele sollen so nachgebessert werden können. Berlin kündigte mehr Geld für internationalen Waldschutz an. Deutschland, Norwegen und Großbritannien wollen bis 2020 insgesamt eine Milliarde US-Dollar pro Jahr dafür ausgeben.

Merkel war es auch, die den weltweiten Ausstieg aus den fossilen Energien ins Spiel brachte – eines der Streitthemen der Konferenz. Noch in diesem Jahrhundert müsse „eine weitgehende Dekarbonisierung unserer Volkswirtschaften“ erreicht werden. Also eine Art des Wirtschaftens, bei der der Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid vermieden wird, erklärte sie. Umweltverbände entgegneten prompt, die Kanzlerin müsse dann einen Fahrplan für den Ausstieg Deutschlands nennen, um glaubwürdig zu sein. US-Präsident Obama warnte mit Blick auf die anstehenden Verhandlungstage vor nationalem Egoismus. Der nächsten Generation müsse eine lebenswerte Welt hinterlassen werden.

Die USA erkenne nicht nur ihre Rolle bei der Schaffung des Problems an, betonte Obama. Er warb für eine Vereinbarung, die regelmäßige Anpassungen der Klimaschutzziele vorsieht. Neue Grenzen für den CO2-Ausstoß nannte er aber nicht. Auch ist Obamas Spielraum begrenzt, da die Republikaner angekündigt haben, im US-Kongress jegliche Klimahilfen abzulehnen.

Der Auftritt Chinas war vielversprechend. Kein Staat hat seine nationalen Klimaziele bisher so ausführlich vorgestellt. China, der weltgrößte CO2-Sünder und bislang einer der großen Blockierer der UN-Klimaverhandlungen, will Taten sprechen lassen: Staatschef Xi Jinping kündigte erneut die Schaffung eines 20 Milliarden Dollar umfassenden Fonds an, der Entwicklungsländer unterstützen soll. Xi bekräftigte zudem das Ziel seines Landes, um das Jahr 2030 herum die Spitze des Ausstoßes an Kohlenstoffdioxid zu erreichen. Doch trotz aller warmen Worte wurde am Ende des ersten Tages deutlich, wie groß die Kluft zwischen armen und reichen Staaten immer noch ist. Ägyptens Präsident al-Sisi forderte im Namen der afrikanischen Länder umfassendere Finanzzusagen der entwickelten Länder.

Bei den anderen Polit-Themen herrschte zumindest über weite Strecken gutes Klima. Obama und Putin einigten sich in ihrer 30-minütigen Unterredung auf Formel-Kompromisse zum Syrienkonflikt. „Die beiden Präsidenten sprachen sich für einen schnellstmöglichen Beginn einer politischen Regelung in Syrien aus“, erklärte Putins Sprecher. Obama habe sein Bedauern über den Abschuss eines russischen Kampfjets durch die Türkei geäußert. Das vom türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan gewünschte Treffen mit Putin kam hingegen nicht zustande: Der Kreml blockierte.

Kanzlerin Merkel nutzte den Klimagipfel für einen Austausch mit Putin und Erdogan. Vor ihrer Abreise am Abend wollte Merkel auch bilaterale Gespräche mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko führen. Gut zwei Wochen nach den Anschlägen in Paris rief sie die Gipfel-Teilnehmer zur Geschlossenheit auf: „Wir sind stärker als die Terroristen.“