Washington .

François Hollande hatte mit vielem gerechnet, bevor seine Maschine gestern früh im eisigen Washington landete – damit nicht. Der Abschuss eines russischen Kampfjets durch die Türkei im syrisch-türkischen Grenzgebiet hat die Tagesordnung des selbsternannten Handlungsreisenden in Sachen Terrorbekämpfung in der US-Hauptstadt durcheinandergewirbelt. Anstatt mit Barack Obama nach der Tragödie von Paris über die Installierung einer breiten Front im Kampf gegen das Terrornetzwerk „Islamischer Staat“ (IS) zu sprechen, musste der französische Präsident gewärtigen, dass eine nun kaum mehr vermeidbare Entfremdung zwischen Moskau und Ankara genau dieses Ziel gefährdet.

Umso mehr machten Obama und Hollande zunächst auf Wohlfühlgleichschritt. „Wir stehen vereint in völliger Solidarität mit Frankreich“, sagte Obama und sicherte Hollande aktive Mithilfe zu, um den IS zu „zerstören“. Aber: „Wir müssen es gemeinsam tun.“ Obama deutete an, dass die USA gewillt sind, die Zahl der seit 14 Monaten geflogenen Luftangriffe auf wichtige IS-Ziele in Syrien und im Irak zu erhöhen. Auch beim Transport schweren Kriegsgeräts und der geheimdienstlichen Zuarbeit kündigte er zusätzliches Engagement an. Mehr aber auch nicht.

Obama wie Hollande betonten, dass die Vermeidung einer Eskalation zwischen der Türkei und Russland nun oberstes Gebot sei. Nichts dürfe davon ablenken, dass der Islamische Staat die zentrale Bedrohung für alle sei. Obama gab Russland gleichwohl unüberhörbar eine substanzielle Teilschuld am Abschuss des Kampfjets. Würde Moskau allein den IS bombardieren, so seine Botschaft, wäre das Risiko für solche Zwischenfälle geringer. Hollande nickte an dieser Stelle.

Offen blieb, welche Prokura Obama seinem Gast vor dessen Besuch bei Russlands Präsident Wladimir Putin am Donnerstag gegeben hat. Hollande will Moskau und Washington in ein Aktionsbündnis gegen die Radikalislamisten ziehen. Amerika hat starke Vorbehalte. Die Kernbedingungen für eine wie auch immer geartete Zusammenarbeit mit Putin in Syrien machte Obama klar: Russland müsse erstens seine Raketen neu justieren. Weg von den Rebellen, die den syrischen Diktator Assad aus dem Amt bomben wollen. Hin zu den Terroristen des IS. Zweitens: Eine Lösung des Bürgerkrieges, die 2017 nach Möglichkeit in Wahlen unter Berücksichtigung der syrischen Opposition münden soll, muss, so Obama, das Abdanken Assads beinhalten – spätestens am Ende eines Prozesses der nationalen Aussöhnung. Ein Standpunkt, bei dem Obama auf einer Linie mit dem türkischen Präsidenten Erdogan liegt. Aber nicht mit Putin.