Paris/Brüssel/Berlin .

Frank­­reich verlängert den Ausnahmezustand, Deutschland diskutiert über einen Bundeswehreinsatz im Inland, die EU will ihre Grenzen besser kontrollieren: Die Verhinderung weiterer Terroranschläge in Europa ist knapp eine Woche nach den Attentaten von Paris zentrales Thema der Politik. „Die Terrorgefahr wird längere Zeit bestehen bleiben in Europa und in Deutschland. Das ist keine Sache von Wochen“, hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière am Mittwoch im ZDF gesagt. Frankreichs Premierminister Manuel Valls sagte am Donnerstag in der französischen Nationalversammlung: „Es kann auch ein Risiko chemischer oder bakteriologischer Waffen geben“, sagte er. „Man darf heute nichts ausschließen.“

Frankreich

Die Nationalversammlung in Paris hat am Donnerstag den Ausnahmezustand um drei Monate verlängert, der nach den Attentaten der islamistischen Terrorgruppe IS vom vergangenen Freitag zunächst bis zum 26. November verhängt worden war. Damit bekommt die Polizei zusätzliche Befugnisse bei der Fahndung nach Terroristen. Verdächtige können beispielsweise leichter unter Hausarrest gestellt werden. Die nötige Zustimmung des Senats wird für Freitag erwartet. Die Polizeiführung verlangt zudem mehr Schutz für ihre Beamten. Sie sollen auch außerhalb der Dienstzeit Waffen tragen dürfen, etwa am Wohnort oder auf dem Weg zum Einsatz. Hintergrund der Forderung ist das Schicksal eines Polizisten, der am vergangenen Freitag unbewaffnet in der Musikhalle Bataclan das Rockkonzert verfolgt hatte und beim Versuch, die Attentäter zu stoppen, schwer verletzt worden war.

Deutschland

In Deutschland hat die Bundespolizei die Grenzkontrollen in Baden-Württemberg verschärft. „Aufgrund der Anschläge haben wir die Präsenz an den Grenzübergängen zu Frankreich erhöht“, sagte ein Sprecher der Bundespolizeiinspektion Offenburg. Zusätzlich zu den Grenzkontrollen seien auch an Bahnhöfen und in grenzüberschreitenden Zügen mehr Beamte im Einsatz. Ende des Jahres wird die Erste der neuen Antiterroreinheiten der Polizei einsatzbereit sein. Dies sei Teil eines Sicherheitspaketes, das die Regierung nach den Terroranschlägen auf die Satirezeitung „Charlie Hebdo“ Anfang des Jahres zusammengestellt habe, bestätigte Innenminister de Maizière einen Bericht unserer Zeitung.

Für schärfere Terrorgesetzte sieht die Bundesregierung hingegen keinen Anlass. Diese Forderung sei „einer der Reflexe, wenn etwas passiert ist“, hatte Justizminister Heiko Maas (SPD) unserer Zeitung gesagt. „Viel wichtiger ist, die Gesetze, die wir haben, konsequent anzuwenden.“

Die Sicherheitsbehörden lehnen den Gedanken, die Bundeswehr im Inland stärker einzusetzen, ab. „Ich glaube, dass uns das aktuell nicht weiterhelfen würde“, sagte der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Holger Münch, bei der Herbsttagung seiner Behörde in Mainz. „Wir müssen mit Einheiten arbeiten, die auf Knopfdruck wissen, was zu tun wäre.“ Bei einem größeren Engagement der Bundeswehr gäbe es auch mehr Koordinierungsbedarf. „Das halte ich nicht für einen klugen Schritt.“ Auch der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Roger Lewentz (SPD), hält erweiterte Kompetenzen der Bundeswehr für nicht nötig. Die Polizei sei für den Fall eines Anschlags gewappnet, sagte der rheinland-pfälzische Ressortchef. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt plädierte hingegen für mehr Befugnisse der Bundeswehr. „Wenn dafür die verfassungsrechtliche Grundlage verändert werden müsse, sollten wir davor nicht zurückschrecken“, sagte sie der „Rheinischen Post“.

Das Bundeskriminalamt sieht langfristig vor allem präventive Ansätze als notwendig an. „Ein repressiver Ansatz kann alleine nicht zum Erfolg führen“, sagte BKA-Chef Münch. Die Verhinderung von Radikalisierung sei „Sache staatlicher und zivilgesellschaftlicher Prävention“. Die Polizei müsse mit Initiativen, die auf die Betroffenen zugingen, eng zusammenarbeiten. Schon 2016 will das BKA alle an einen Tisch holen. Experten unterstützten Münchs Kurs. Die Bundeszentrale für politische Bildung etwa will Youtube-Stars einspannen, um für IS-Propaganda anfällige Jugendliche zu erreichen. „Eine übergreifende nationale Strategie fehlt aber noch“, mahnt Wiebke Steffen vom Deutschen Präventionsrat. Nicht einmal die Wissenschaft habe sich ausreichend mit dem Phänomen auseinandergesetzt.

Europäische Union

Zu einer Krisensitzung treffen sich am Freitag in Brüssel die EU-Innen- und Justizminister. Auch ihr Thema: die Terrorabwehr. Unter anderem geht es um schärfere Kontrollen an den Außengrenzen des Schengenraums, dem die Bundesrepublik und die meisten anderen EU-Staaten angehören. Die Grenzposten sollen nicht nur einen Blick in die Pässe werfen, sondern die Einreisenden auch auf Einträge in den Datenbanken der Sicherheitsdienste wie etwa Europol kontrollieren.