Washington. Das Einwanderungsland USA will nur wenige Tausend Syrer aufnehmen. Aber den Republikanern, allen voran Donald Trump, ist selbst das zuviel

Am Wochenende kam in Amerika die Filmbiografie über den Erfinder Steve Jobs in die Kinos. Der Vater des schillernden Mitbegründers des Computergiganten Apple war einst aus Syrien in die Vereinigten Staaten geflohen. Seine Landsleute haben es heute ungleich schwerer. Amerika, das Einwanderungsland schlechthin, macht mental zu.

Seit Präsident Obama auf Druck der unter einer beispiellosen Flüchtlingswelle leidenden Europäischen Union angekündigt hat, im nächsten Jahr die überschaubare Menge von 10.000 Menschen aus dem Bürgerkriegsland aufzunehmen, regt sich Widerstand, dessen Tonlage den radikalen Populismus der Pegida-Bewegung in Deutschland teilweise noch übertrifft. „Ich kann keine Politik unterstützen, die eine dschihadistische Pipeline in die USA legt“, sagt der Kongressabgeordnete Michael McCaul.

Was der texanische Vorsitzende des Ausschusses für Heimatschutz verklausuliert umschreibt, hat der in Meinungsumfragen führende republikanische Kandidat für die Präsidentschaftswahl 2016, Donald Trump, in krassere Worte gefasst. Aus seiner Sicht ist es „unverantwortlich, Tausende junge, starke Männer aus Syrien einreisen zu lassen.“ Trumps Begründung ist: Es könnte sich um Terroristen des Netzwerks „Islamischer Staat“ handeln. Trump: „Das ist vielleicht das größte Trojanische Pferd aller Zeiten.“ Im Fall seiner Wahl will der Bauunternehmer rigoros durchgreifen: „Ich schicke sie zurück.“

Trump war der Erste im Bewerberfeld für 2016, der Volkes Stimme aufsog und verstärkte. Wie das Meinungsforschungsinstitut Pew Ende September ermittelt hat, hält fast die Hälfte (45 Prozent) der Amerikaner nichts von einer Politik der offenen Tür gegenüber Syrien. Bei Wählern der Republikaner ist die Ablehnung mit 67 Prozent besonders ausgeprägt. Konsequenz: Mit Senator Ted Cruz, Gouverneur Bobby Jindal, dem früheren Gehirnchirurgen Ben Carson und Gouverneur Chris Christie haben sich weitere Möchtegern-Präsidentschaftskandidaten offensiv gegen die humanitäre Aufnahme von syrischen Flüchtlingen gestellt. Christie: „Die Leute können wirklich gefährlich sein.“

Seiner Botschaft, dass die Flüchtlinge die nationale Sicherheit der USA bedrohen, wird von offizieller Seite halbherzig widersprochen. Jeh Johnson, Chef des nach den Anschlägen vom 11. September 2001 gebildeten Heimatschutzministeriums, sagte in einer Kongressanhörung: Es gibt keine „hundertprozentige Lösung“ dafür, das Eindringen potenzieller Terroristen zu verhindern.

Menschenrechtsorganisationen halten das für „unverantwortliche Panikmache, die Stimmung gegen Menschen macht, die um ihr Leben kämpfen.“ Von rund 750.000 Flüchtlingen, die Amerika seit dem Jahr 2001 aufgenommen hat, seien nur ganze zwei wegen terroristischer Umtriebe verhaftet worden.

Den Grund dafür liefert aus Sicht der Hilfsorganisationen das akribische Auswahlverfahren, dem sich Flüchtlinge vor ihrer Einreise unterziehen müssen. Jeder Kandidat muss nach einer Empfehlung der jeweiligen US-Botschaft und Vorabprüfung durch das Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen einen intensiven Check des Außenministeriums über sich ergehen lassen. Dazu gehören minutiöse Nachforschungen in jeder einzelnen Biografie, biometrische und medizinische Untersuchungen sowie ausführliche Interviews durch Experten des Heimatschutzministeriums.

Bevor grünes Licht gegeben wird, schauen weitere Sicherheitsbehörden intensiv auf den Fall und gleichen alle Informationen mit Antiterrordatenbanken ab. Die Prozedur dauert heute bei Flüchtlingen aus Syrien 18 bis 24 Monate. Erst danach winkt die Einreise in die USA. „Wer als Terrorist zu uns kommen will, ist schlecht beraten, es über den offiziellen Weg als Flüchtling zu versuchen“, sagen Mitarbeiter der Grenzkontrollbehörde hinter vorgehaltener Hand. Derzeit stecken über 10.000 Syrer aus früheren Jahren in der Warteschleife.

Trotz der hohen Sicherheitsvorkehrungen malen republikanische Kongressmitglieder das Bild einer unkalkulierbaren Gefahr an die Wand. „Wir müssen uns auf das verlassen, was Bewerber in ihren Antrag schreiben und können nicht tiefer schürfen“, sagte der Abgeordnete Lamar Smith am Mittwoch. James Comey, Chef der Bundespolizei FBI, bestärkt den Argwohn: „Wer noch nie auf unserem Radar war, dessen Sicherheitsrisiko können wir nur eingeschränkt überprüfen.“

80 demokratische Abgeordnete um Senator Richard Blumenthal beklagen eine Angstmacherin im Land und fordern eine Beschleunigung der Einreiseverfahren. Sie halten die Vorkehrungen, um potenziellen Gefährdern die Einreise in die Vereinigten Staaten zu verweigern, für ausreichend. Die Überfremdungsängste vieler Republikaner, unter ihnen meist ältere Weiße aus ländlichen Gebieten, sind ihnen vor dem Hintergrund der oft beschworenen Geschichte Amerikas als Einwanderungsland peinlich.

Während die Türkei über zwei Millionen und Deutschland Hunderttausende Menschen aus Syrien aufgenommen hat, ließen die Vereinigten Staaten seit dem Kriegsbeginn in Syrien im Jahr 2011 insgesamt nur 1900 Menschen einreisen, die dem Assad-Regime den Rücken gekehrt haben.