Warschau. Polen wählt ein neues Parlament. Stärkste Kraft wird wohl die nationalkonservative Partei von Ex-Premier Kaczynski

Beata Szydlo will Polen verändern. Ein ganzes Paket von Gesetzesinitiativen hat die Vizechefin der nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) vorbereitet und bei der Wahlkampfdebatte in die Kameras gehalten. „Das ist auch Euer Sieg“, jubelte sie der Parteibasis entgegen – so, als sei der Ausgang der Parlamentswahl am Sonntag bereits entschieden. Umfragen sehen die PiS vorne in der Wählergunst.

So oder so: An der Spitze der polnischen Regierung wird künftig wieder eine Frau das Sagen haben. Denn Szydlo tritt gegen Regierungschefin Ewa Kopacz von der liberalkonservativen Bürgerplattform (PO) an. Und auch das Bündnis Vereinte Linke hat mit der Feministin Barbara Nowacka eine Frau als Spitzenkandidatin, der Chancen eingeräumt werden, das linke Parteienspektrum des Landes gründlich aufzumischen. Polen hatte zwar schon zweimal eine Regierungschefin, aber so viel Frauenpräsenz in politischen Spitzenpositionen wie nun im Wahlkampf ist dennoch ungewöhnlich. Außerhalb Polens sorgt das für Aufmerksamkeit: Das katholisch geprägte Land gilt als sehr traditionell und konservativ, was die Stellung der Frau angeht. Als PiS-Parteichef Jaroslaw Kaczynski im Sommer Szydlo als Spitzenkandidatin der Nationalkonservativen vorstellte, hob er denn auch mit Rücksicht auf verunsicherte männliche Gemüter hervor, dass sie es trotz all der politischen Arbeit schaffe, ihren Mann und ihre Familie zu Hause zu umsorgen.

Die PiS will Familien mit Kindern mehr Gelder zukommen lassen und den Mindestlohn anheben. Szydlo hat zudem ein Programm angekündigt, das 1,2 Millionen Arbeitsplätze für junge Polen im Alter von bis zu 35 Jahren schaffen soll. Auch Kopacz stellt mit ihrer PO eine Anhebung des Mindestlohns in Aussicht, dazu einen einheitlichen Steuersatz von zehn Prozent und „sozial sensible Marktwirtschaft“.

Den Wahlkampf bestimmten noch zwei andere Themen: Wie kann die Auswanderung junger Polen gestoppt werden, die im eigenen Land keine Zukunft mehr sehen? Und wie soll sich Polen in der Flüchtlingsfrage verhalten? Vor allem die PiS und die Parteien am rechten Rand schürten Ängste vor angeblicher „Überfremdung“.

„Ich will meine Stimme einer Partei geben, die gute Veränderungen für Polen bringt“, sagt etwa Maria Kulesza, Besitzerin eines kleinen Ladens in dem ostpolnischen Dorf Kulesze Koscielne, wo bei den vergangenen Wahlen die PiS mehr als 90 Prozent der Stimmen erhielt. Am Zaun um die Dorfkirche hängt ein PiS-Plakat mit Szydlos Porträt und ihrer optimistischen Aussage „damy rady“ – das wäre in etwa die polnische Entsprechung zu „Wir schaffen das“, dem Wahlspruch von Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Flüchtlingskrise. Kulesza hofft, dass das kein leeres Versprechen ist. „Wir wollen doch nur ein besseres Leben, dass das Geld bis zum Monatsende reicht und die jungen Leute nicht in den Westen abwandern“, meint die 69-Jährige.

Der Landwirt Bogdan Grodzki weiß noch nicht, wem er seine Stimme gibt. „Es ist doch immer dasselbe mit den Versprechungen vor den Wahlen“, sagt der Milchbauer. „Hinterher will sich keiner daran erinnern. Ich hätte lieber eine Regierung, die aus Fachleuten besteht und nicht aus Politikern.“