BerLin. Parteichef Gabriel unterstützt Vorstoß der SPD-Frauen für den Bundesparteitag, per Satzungsänderung zwei Vorsitzende zu ermöglichen

Wird SPD-Chef Sigmar Gabriel seine Macht bald mit einer Co-Vorsitzenden teilen – mit Manuela Schwesig etwa oder Hannelore Kraft als gleichberechtigte Parteivorsitzende? Noch scheint das weit weg von der Realität zu sein. Doch in der SPD bahnt sich die personalpolitische Revolution einer „Doppelspitze“ an, die schon die Fantasie mancher Genossen anregt: Die organisierten SPD-Frauen wollen nach Informationen des Hamburger Abendblatts auf dem Bundesparteitag im Dezember per Satzungsänderung erreichen, dass an der Spitze der Partei in Bund, Ländern und Kommunen auch ein Team von Mann und Frau stehen kann – ähnlich wie heute bei Grünen oder Linken.

Der Vorstoß hat überraschend große Chancen, sogar SPD-Chef Gabriel unterstützt ihn schon: „Ich finde den Antrag gut und werde ihm auch zustimmen“, sagte Gabriel dem Abendblatt. Urheber der Initiative ist die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (ASF): „Es geht darum, paritätische Doppelspitzen, dort wo gewünscht zu ermöglichen, nicht zu erzwingen“, erklärte ASF-Chefin Elke Ferner dem Abendblatt. Derzeit sei das nach der Satzung nicht möglich. Auf dem Parteitag braucht die ASF eine Zwei-Drittel-Mehrheit für den Antrag. Doch die Signale aus der Partei, auch aus der Führung, seien positiv, meinte Ferner.

Die SPD-Frauen bohren schon länger an diesem Brett: Seit der Bundestagswahl 2013 fordert die ASF verstärkt, mehr Frauen in die erste Reihe der SPD zu entsenden, um der Partei „ein weiblicheres Gesicht“ zu geben. Die SPD werde immer noch als Männerpartei wahrgenommen, der Anteil weiblicher Wähler gehe deutlich zurück. Ferner sagt jetzt: „Wir wollen in der SPD leben, was wir auch für Beruf und Familie fordern: mehr Partnerschaftlichkeit und tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern.“

Weil es um alle Parteiebenen geht, argumentiert Ferner auch mit der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie, wenn zwei sich den Führungsposten teilen. Darauf verweist auch Gabriel: „Wir haben immer häufiger Probleme, ehrenamtliche Vorsitzende zu finden, weil die damit verbundene Arbeit dem oder der Einzelnen zu viel wird.“ Ein Doppelvorsitz könne da helfen. Doch betont Gabriel auch: „Bis in die Spitze von Bezirks-, Landes- und Bundesebene“ könne es diesen Doppelvorsitz geben. Offizielle Unterstützung kommt bereits vom Landesverband Saar. Der Parteichef dort heißt Heiko Maas und ist Bundesjustizminister.

Sonst halten sich führende Genossen auf Anfrage auffallend zurück. Einerseits gibt es für das Anliegen verbreitet Sympathie. „Eigentlich kann niemand etwas gegen den Vorschlag haben, es geht ja nicht um Zwang“, findet Ferner. Gabriel sagt: „Weil es auf Freiwilligkeit beruhen soll, wird niemandem etwas übergestülpt.“ Aber es gibt Befürchtungen, die Parteiführung jedenfalls auf Bundes- oder Landesebene könne mit zwei Vorsitzenden an Schlagkraft verlieren: Grüne und Linke hätten gezeigt, dass ein solches Team mitunter nur holprig zusammenarbeitet. Oder gar nicht.

Mancher Genosse argwöhnt auch, schon die Anbahnung der Doppelspitze könne als Signal gegen Parteichef Ga­briel gewertet werden. Das aber ist es nicht, die klare Unterstützung des Vorsitzenden macht das deutlich. Gabriel sitzt fest im Sattel. Auf dem Parteitag tritt er zum vierten Mal als Vorsitzender an, ohne Konkurrenz. Auf Bundesebene wäre die Doppelspitze frühestens bei den Vorstandswahlen nach der Bundestagswahl 2017 ein Thema.

An Kandidatinnen wäre dann kein Mangel. Die Parteivize Hannelore Kraft und Manuela Schwesig werden schon genannt, Arbeitsministerin An­drea Nahles oder die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Offen ist nur, ob sie sich im Fall der Fälle mit dem Co-Vorsitz begnügen oder auch auf Bundesebene die ganze Führungsmacht beanspruchen würden.