Riad.

In diesen Tagen gleicht Außenminister Frank-Walter Steinmeier einem unglücklichen Marathonläufer. Er läuft und läuft und kommt dem Ziel doch nicht näher. Gerade hat er ein Gespräch mit dem saudi-arabischen König Salman und dem Kronprinzen hinter sich. „Es ist sehr schwer, die tiefen Gräben zwischen Saudi-Arabien und dem Iran zu überbrücken“, sagt der SPD-Politiker am Montagmittag in einem Luxushotel in Riad.

Es geht um die Lösung des Syrien-Konflikts, bei dem die beiden Regionalmächte eine Schlüsselrolle spielen. „In Riad herrscht tiefes Misstrauen, und es gibt wenig Hoffnung, dass sich die Lage bessern wird.“ Steinmeier redet in gedehnten Sätzen, das Lächeln des weltgewandten Diplomatie-Charmeurs ist verschwunden. Der Außenminister blickt ernst in das weite Rund der Hotellobby mit goldverzierten Holztüren und opulenten traubenförmigen Glasleuchtern. Vor ein paar Tagen hatte er noch die Hoffnung, als „Brückenbauer“ in Nahost wenigstens ein paar positive Signale zu erhalten. Doch seine Appelle und Mahnungen scheinen zu verhallen.

Steinmeier muss am dritten Tag seiner Reise in den Iran, nach Saudi-Arabien und Jordanien erkennen, dass die Fronten im Syrien-Konflikt verhärtet bleiben. Während der Iran am syrischen Machthaber Baschar al-Assad festhält, fordert Saudi-Arabien: Assad muss weg. Das Königreich macht viele Millionen Dollar locker, um die Assad-Gegner aufzurüsten.

Westliche Beobachter in Riad sprechen unverblümt von einer deutlichen Verschlechterung des Verhältnisses zwischen Saudi-Arabien und dem Iran. Nach dem internationalen Atomvertrag mit dem Mullah-Regime vom Juli hätten im Königreich die Alarmglocken geschrillt. „Man hat die Sorge, dass Teheran nach dem Wegfall der Sanktionen zu stark wird“, sagt ein Diplomat aus einem EU-Land. Zusätzliche Staatseinnahmen würden vor allem ins Militär und die Förderung des Terrorismus fließen, befürchten die Saudis.

Saudi-Arabien begreift sich als Vormacht am Persischen Golf und belauert den Rivalen argwöhnisch. Das Land verfügt über die stärkste Volkswirtschaft auf der rohstoffreichen Arabischen Halbinsel und ist der weltweit größte Erdölexporteur. Zum politischen kommt der religiöse Führungsanspruch: Die Monarchie sieht sich als Bannerträgerin des sunnitischen Islams, der sich gegenüber der vom Iran propagierten schiitischen Glaubensrichtung überlegen sieht.

Der saudi-arabische Außenminister al-Dschubeir bringt die Ängste auf den Punkt: „Der Iran ist in Syrien eine Besatzungsmacht.“ Er stifte in der ganzen Region Unruhe – im Libanon, in Syrien, im Irak, in Bahrain und im Jemen. Im Jemen greifen allerdings in erster Linie die Saudis militärisch ein. Seit einem halben Jahr leiten sie eine sunnitische Militärallianz gegen die schiitischen Huthi-Rebellen. Bei den Luftschlägen wurden mehr als 2500 Menschen getötet, schätzen die UN.

Es sind heikle Gespräche in Riad, auch was das Thema Menschenrechte angeht. In Saudi-Arabien wurde in diesem Jahr bereits mehr als 100 Mal die Todesstrafe verhängt. „Selbstverständlich“ habe er Einzelfälle von Häftlingen aufs Tapet gebracht, betont der Außenminister. In der Flüchtlingsfrage stößt Steinmeier ebenfalls an seine Grenzen. Seine Bitte, dass sich auch die Golfstaaten an der Aufnahme von syrischen Migranten beteiligen mögen, wird in Riad abgeblockt. „Saudi-Arabien verweist darauf, dass man bereits umfangreiche Hilfe geleistet habe“, unterstreicht der Außenminister. Doch trotz aller Meinungsverschiedenheiten: Der diplomatische Marathonläufer Steinmeier wird wohl weiter kämpfen.