Berlin . Wanka weist Forderung nach Obergrenzen für Flüchtlingskinder in Schulklassen zurück. Regierung will berufliche Sprachförderung ausweiten

Wie viele Kinder, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, sollten in einer Schulklasse unterrichtet werden? Geht es nach dem Vorsitzenden des Verbands der Gymnasiallehrer, Heinz-Peter Meidinger, dürfte maximal jeder zweite Schüler in einer Klasse ausländische Wurzeln haben.

„Schon wenn der Anteil von Kindern nicht deutscher Muttersprache bei 30 Prozent liegt, setzt ein Leistungsabfall ein“, sagte Meidinger der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. „Dieser wird ab 50 Prozent dramatisch.“ Schon vor fünf Jahren hatte der Chef des Deutschen Philologenverbands eine Migrantenquote für Schulkassen gefordert. Doch die Chancen stehen auch jetzt nicht gut.

Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) lehnt eine solche Quote ab. „Es gibt keinen Grund, Angst zu haben“, sagte sie dem Hamburger Abendblatt. Seit Jahren steige der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund in den Klassen. „Gleichzeitig haben sich die Leistungen der Schüler in internationalen Tests wie der Pisa-Studie deutlich verbessert“, argumentiert Wanka. Auch der Verband Bildung und Erziehung ist gegen eine Migrantenquote in Schulen. Der Vorschlag sei „realitätsfremd“.

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann verlangte gestern im Bundestag mehr Geld für die Bundesländer, weil bald 200.000 Flüchtlingskinder in die Schulen kämen. Es wäre falsch, wenn einfach die Klassen vergrößert würden und die Qualität des Unterrichts für alle Kinder sich verschlechtere, sagte er. Auch für den Deutschunterricht für erwachsene Flüchtlinge fehlen noch Geld und Personal. Nach Angaben des Bundesflüchtlingsamts werden bis Ende dieses Jahres 3000 weitere Lehrkräfte eine Zulassung bekommen, um in Integrationskursen Deutsch unterrichten zu können. Der Fachverband für Deutsch als Fremd- und Zweitsprache hält das für nicht ausreichend. „Im besten Fall werden dadurch nur die Lehrer ersetzt, die sich wegen der schlechten Arbeitsbedingungen einen neuen Job suchen“, sagte Verbandschef Matthias Jung. Dozenten in Integrationskursen seien oft freiberuflich tätig und bekämen etwa 20 Euro pro Stunde oder weniger.

„Ich hoffe, dass wir jetzt möglichst schnell möglichst viele Sprachlehrer finden“, sagte die SPD-Sozialpolitikerin Kerstin Griese dem Abendblatt. „Die fachliche Qualifikation ist wichtig. Wir müssen aber auch auf unbürokratische und flexible Lösungen setzen. Anders wird es nicht gehen.“ Griese lobte das gestern im Bundestag beschlossene Asylgesetz. Es sieht vor, dass auch Flüchtlinge ohne Aufenthaltstitel an Integrationskursen und dem damit verbundenen Sprachunterricht teilnehmen können.

Das Gesetz schafft gleichzeitig die Voraussetzungen, dass die Sprachkurse enger verzahnt werden können. Im Rahmen eines neuen „Gesamtsprachprogramms“ planen das Bundesinnen- und das Bundesarbeitsministerium aufeinander aufbauende Kurse für alle Zuwanderergruppen. Dabei soll vor allem die berufsbezogene Sprachförderung ausgeweitet werden. Statt der bisher für 2016 geplanten 50.000 Plätze soll es 100.000 Plätze geben. 2017 sollen dann sogar 200.000 Teilnehmer einen Platz bekommen. Sowohl das Flüchtlingsamt als auch das Arbeitsministerium brauchen dafür mehr Geld. Sie hoffen, dass sie es bei den laufenden Haushaltsverhandlungen bekommen.