Berlin.

Sein Ergebnis ist besser. 55 der 60 anwesenden Linke-Abgeordneten stimmen am Dienstag für Dietmar Bartsch, macht 91,6 Prozent. 47 Abgeordnete stimmen für Sahra Wagenknecht, macht 78,3 Prozent. Damit hat die Linksfraktion im Bundestag eine neue Führungsspitze. Gregor Gysi, 67, der die Fraktion alleine leitete, ist nun auf dem Papier nicht mehr als ein einfacher Abgeordneter.

Mit Gregor Gysi geht ein Mann der Wendejahre. Schon 1990 war er Fraktionschef der PDS in der ersten frei gewählten DDR-Volkskammer. Mit einer Unterbrechung sei er also 21 Jahre Fraktionschef beziehungsweise Gruppenvorsitzender gewesen, sagt er. Damit habe er auch den legendären SPD-Fraktionschef Herbert Wehner überholt. „Jetzt ist auch genug – man darf es nicht übertreiben.“

Auf der gemeinsamen Pressekonferenz nach der Wahl ziehen Bartsch, 57, und Wagenknecht, 45, die Koordinaten für die nächsten zwei Jahre bis zur Bundestagswahl ein. Ein Bündnis mit der SPD nach der Wahl 2017 schließen beide nicht aus.

Wagenknecht stellt allerdings klar: Eine Bündnis wird „sehr, sehr schwierig“, wenn die Sozialdemokraten sich nicht bewegen. Unter anderem fordert sie eine Millionärssteuer und ein Verbot von Leiharbeit. Der Stratege Bartsch verweist auf die NRW-Landtagswahl im Frühjahr 2017 – erst danach stelle sich ernsthaft die Koalitionsfrage. Bei den Sozialdemokraten gilt ein Bündnis mit der Linken auf Bundesebene mit der Wahl von Wagenknecht als noch unwahrscheinlicher als bisher.

Niemand soll denken, dass die beiden sich nicht verstehen

Bartsch und Wagenknecht lächeln viel an diesem Tag. Er sagt Sätze wie „Also ich hab da eigentlich nichts zu ergänzen.“ Sie sagt Sätze wie: „Da kann ich nur an das anknüpfen, was Dietmar Bartsch gesagt hat.“ Er grenzt das neue Führungsduo ein bisschen von Gysi ab: „Wir werden weniger als unser Vorgänger sagen: Wir hatten recht.“ Und sie tut so, als würde sie mit Bartsch seit Langem gut zusammenarbeiten: „Wir werden weiterhin der Regierung gemeinsam den Spiegel vorhalten.“ Bartsch freut sich „natürlich über das Ergebnis, ich freu mich über unser Ergebnis“. Niemand soll denken, dass die beiden sich nicht verstehen.

Dabei ist das Duo eine Kompromisslösung. Das fängt beim Politischen an: Er zählt zu den Reformern. Sie zu den Fundamentalisten. Heißt: Er ist ein Pragmatiker – sie eine Rebellin, die den Kapitalismus überwinden will. Und dann ist da noch die persönliche Abneigung. „Die beiden harmonieren so gut wie Tom und Jerry“, hat eine Zeitung vor Kurzem über Bartsch und Wagenknecht geschrieben. Sie spricht über die Feindschaft als wären das nur alte Geschichten. „Diese Frontstellung gibt es so nicht mehr.“ Und Bartsch pflichtet ihr bei: „Wir stimmen politisch zu 90 Prozent überein.“

Wagenknecht ist mit Ex-Parteichef Lafontaine verheiratet

Vielleicht raufen sich die beiden ja auch zusammen. Doch viel spricht dafür, dass es auch in Zukunft zumindest ab und an knirschen wird. Da ist zum Beispiel eine Geschichte, die erst vor Kurzem bekannt wurde: Im Jahr 2012 wies Bartsch einen Mitarbeiter an, eine Liste über den 44-köpfigen Parteivorstand der Linken anzulegen. In diesem Katalog stand Z für zuverlässig, U für unabhängig – und L für „Lafodödel“. Sahra Wagenknecht ist mit Ex-Parteichef Oskar Lafontaine verheiratet.