Berlin. Exklusiv-Umfrage:Welcher Politiker der Union kann Bundeskanzler?

Ist Angela Merkel alternativlos? Oder gibt es Unionspolitiker, die sie auf die Schnelle im Kanzleramt ersetzen könnten? Bisher schien es, als steuere Merkel auf eine vierte Amtszeit zu. Doch in der Flüchtlingskrise ist die Bundeskanzlerin unter Beschuss geraten – ihre Willkommensgesten irritieren vor allem die CSU. Die CDU-Vorsitzende antwortete ihren Kritikern mit einem Satz, der Spekulationen über ein plötzliches Ende ihrer Kanzlerschaft auslöste: „Ich muss ganz ehrlich sagen: Wenn wir jetzt anfangen müssen, uns zu entschuldigen dafür, dass wir in Notsituationen ein freundliches Gesicht zeigen, dann ist das nicht mein Land.“

Welchen Politikern von CDU und CSU würden die Deutschen zutrauen, Merkels Nachfolger zu werden? Eine Emnid-Umfrage im Auftrag dieser Zeitung ergibt ein bemerkenswertes Bild: Die Deutschen setzen wenig Vertrauen in Unionspolitiker, die im politischen Berlin als mögliche Merkel-Nachfolger gehandelt werden oder wurden: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sehen nur 23 Prozent als mögliche Regierungschefin, bei Innenminister Thomas de Maizière sind es 15 Prozent. Von der Leyen hat mit Ausrüstungsmängeln bei der Bundeswehr zu kämpfen – und sieht sich dem Vorwurf ausgesetzt, ihre 1990 abgeschlossene medizinische Doktorarbeit enthalte Plagiate. De Maizière werden in der Flüchtlingskrise falsche Töne und schwaches Management vorgeworfen, er musste Zuständigkeiten an das Kanzleramt abgeben. Als Zukunftshoffnung wird in der CDU die rheinland-pfälzische Landesvorsitzende Julia Klöckner gehandelt, die sich im kommenden Frühjahr zur Ministerpräsidentin wählen lassen will. In der Emnid-Umfrage, in der die Bürger fünf Unionspolitiker beurteilten, landet sie allerdings mit elf Prozent auf dem letzten Platz.

Die besten Werte erhalten Politiker, deren Karriere sich dem Ende zuneigt. Am besten schneidet Finanzminister Wolfgang Schäuble ab. Dem 73-Jährigen, der vor zwei Jahrzehnten als Nachfolger von Helmut Kohl gehandelt wurde, trauen 32 Prozent der Deutschen zu, Merkel abzulösen. CSU-Chef Horst Seehofer, der sich in der Flüchtlingskrise zu einem Widersacher der Kanzlerin entwickelte, erreicht mit 25 Prozent den zweiten Platz. Im Osten Deutschlands führt der 66-Jährige mit 31 Prozent sogar die Rangliste an – mit klarem Vorsprung vor Schäuble und de Maizière (je 21 Prozent). Im Unionslager kommt von der Leyen deutlich besser an als in der Gesamtbevölkerung. 41 Prozent der Wähler von CDU und CSU trauen ihr die Merkel-Nachfolge zu. Damit liegt sie knapp hinter Schäuble auf Platz zwei.

23 Prozent der Befragten geben an, keinem der Genannten das Kanzleramt zuzutrauen. Für sie ist Merkel tatsächlich alternativlos.