Die bayerische Regierung hat auf Initiative von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) ein Paket mit Beschlüssen und Forderungen zur Bewältigung der Flüchtlingskrise vorgelegt. Ein Faktencheck:


Zurückweisung von Flüchtlingen

Bayern will Flüchtlinge, die aus sicheren Drittstaaten kommen, gleich wieder zurückweisen lassen – also alle, die aus Österreich und den anderen Nachbarländern Deutschlands einreisen. Seehofer will das als „Notmaßnahme“ verstanden wissen für den Fall, dass die ungleiche Behandlung von Flüchtlingen innerhalb der Europäischen Union anhält, was sehr wahrscheinlich ist. Bayern beruft sich bei der Forderung auf geltendes EU-Recht. Doch die Bundesregierung lehnt ein solches Vorgehen entschieden ab – und zuständig für die Grenzsicherung ist nicht Bayern, sondern der Bund, wie Seehofer einräumt. Das Argument der Bundesregierung: Das Flüchtlingsproblem würde nur an Österreich delegiert. „Es ist eine Illusion, anzunehmen, dass das Zuwanderungsproblem wirksam und auf Dauer an der Grenze zu Österreich gelöst werden kann“, sagte Innenminister Thomas de Maizière (CDU). Wenn der Bund bei seiner Weigerung bleibt, behält sich der Freistaat „anlassbezogene eigene Maßnahmen“ vor. Für ein eigenes Grenzregime hätte Bayern aber keine Befugnis. Fazit: Leere Drohung.


Verfassungsklage

Sollte die Bundesregierung den Zuzug nicht begrenzen, will die bayerische Staatsregierung in Karlsruhe klagen. Vor dem Bundesverfassungsgericht will Seehofer argumentieren, der Bund gefährde die „eigenstaatliche Handlungsfähigkeit der Länder“. Rechtsgrundlage wären Organstreitigkeiten. Eine solche Klage ist möglich, völlig aussichtslos wäre sie wohl nicht – allerdings würde die gerichtliche Klärung so lange dauern, dass eine Entlastung in der Flüchtlingskrise für Bayern kaum in Aussicht stünde. Fazit: Spannende Rechtsfrage, als Druckmittel nur begrenzt geeignet.


Begrenzung des Familiennachzugs

Für Bürgerkriegsflüchtlinge will Bayern den Familiennachzug begrenzen. Das müsste aber der Bund per Gesetz regeln. Eine Mehrheit dafür ist nicht absehbar. Fazit: Realisierung ungewiss.
Bessere Verteilung

Bayern drängt auf eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge innerhalb Deutschlands nach den geltenden Regeln. Als „ultima ratio“ will der Freistaat die Flüchtlinge direkt in andere Bundesländer weiterleiten. Dazu wird es wohl nicht kommen müssen: Der Bund und die Länder haben sich schon auf die Einrichtung zusätzlicher Verteilzenten verständigt. Fazit: Realistische Forderung.


Schutz der Grenzen

Bayern will, dass der Bund die Kontrollen an der Grenze zu Österreich auf absehbare Zeit beibehält. Ein rasches Ende ist auch gar nicht vorgesehen. Auch die EU-Außengrenzen sollen besser geschützt werden, das ist bereits geplant. Fazit: Realistische Forderung.


Integrationsprogramm

Bayern will wegen der Flüchtlinge 1700 Lehrer sowie 2000 Mitarbeiter bei Polizei, Justiz und Verwaltung neu einstellen, plant einen Beschäftigungspakt und ein Programm für 28.000 neue Wohnungen. Ein Integrationsgesetz soll einen Kanon von Grundwerten beschreiben. Fazit: Gute Initiative, kann Bayern allein umsetzen.