Berlin/München. Bayerns Kabinett plant „Notmaßnahmen“, um Zustrom aus Österreich zu beschränken. Sondersitzung für heutigen Freitag anberaumt.

Angesichts der hohen Flüchtlingszahlen will Bayern aus „Notwehr“ zu drastischen Maßnahmen greifen. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) drohte in der „Bild“-Zeitung, Flüchtlinge künftig schon an der deutsch-österreichischen Grenze abzuweisen und neu ankommende Asylbewerber direkt in andere Bundesländer weiterzuleiten. Die Schritte sollten bei einer Sondersitzung des bayerischen Kabinetts an diesem Freitag beschlossen werden. Bayern stört vor allem, dass Österreich Flüchtlinge ungehindert nach Bayern weiterreisen lässt.

Die bayerische Landesregierung will die Maßnahmen im Alleingang beschließen, um den Flüchtlingszustrom zu begrenzen und die Kommunen zu entlasten. Wie „Spiegel Online“ berichtet, kalkuliert die Landesregierung dabei auch einen Rechtsbruch ein. Seehofer hatte bereits mit „Notwehr“ gedroht, sollte die Bundesregierung keine Schritte unternehmen, um die Flüchtlingszahlen zu begrenzen. Im Gespräch sind offenbar auch Transitzonen an den Landesgrenzen, in denen Flüchtlinge bereits vor der Einreise gestoppt werden. Seehofer zufolge waren zuletzt in weniger als fünf Wochen insgesamt 225.000 Flüchtlinge über Bayern eingereist.

Die österreichische Regierung fürchtet gewaltsame Proteste im Grenzgebiet. „Wenn Flüchtlinge nach Österreich zurückgeschickt werden, die in Deutschland bleiben wollen, dann muss man letztendlich mit Ausschreitungen rechnen“, sagte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner in Luxemburg. Zudem werde es zu einem Rückstau kommen, weil pro Tag auch in Österreich 5000 bis 6000 Flüchtlinge ankämen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und SPD-Chef Sigmar Gabriel wiesen die Forderungen der bayerischen Landesregierung zurück, Flüchtlinge an den Grenzen abzuweisen. „Wir haben ja keine Zugbrücke, die wir hochziehen können“, sagte Gabriel. „Es gibt den Aufnahmestopp nicht“, sagte Merkel in der ARD. Gabriel verwies darauf, dass man die Grenzen schon rein praktisch nicht schließen könne. „Dann muss jemand sagen, wie das gehen soll: Sollen wir dort die Bundeswehr aufmarschieren lassen – mit aufgepflanztem Bajonett?“ Das wolle niemand.

Um die Aufnahmeländer zu entlasten, beschlossen die EU-Innenminister am Donnerstag, mehr abgelehnte Asylbewerber zurückzuschicken. Derzeit liegt die Rückkehrquote bei 40 Prozent. Die EU-Grenzschutzagentur Frontex soll den Ländern helfen, Wirtschaftsflüchtlinge schon bei der Ankunft von schutzberechtigten Asylbewerbern zu unterscheiden. Dafür wird das Personal in den neuen Aufnahmezentren in Italien und Griechenland von 60 auf 670 Personen erhöht.