Der letzte Text des Abendblatt-Kolumnisten Karasek – geschrieben von seinem Krankenbett aus

Unter der Überschrift „Schluck, schlick, hick“ ist eine Rarität des Papsttodes beschrieben, nämlich der Pius XII. aus der Familie der Pacellis.

Ich habe mich mit dem Papst Pius XII. und seinem 36-stündigen Sterben an Schluckauf als Theatermann wacker herumschlagen dürfen. 36 Stunden Sterben, das ist eine Märtyrerleistung, wie sie kaum bei Päpsten aufgetaucht ist.

Man stelle sich vor, ein Heiliger Vater verrülpst und verhustet sich so gründlich, dass er nach 36 Stunden seinen Heiligen Geist aufgeben musste. Er ist buchstäblich erstickt. Und das, weil er einen Quacksalber beschäftigte, der ihm für sein Magenleiden eine Chromsäure-Lösung verordnete. Marter aller Qualen!

Der US-Amerikaner Charles Osborne lebte ganze 69 Jahre mit Schluckauf – ganz und gar ohne göttlichen Beistand. Dieser tragikomische Rekord brachte ihn zwar ins Guinnessbuch, schlussendlich jedoch auch ins Grab. Ein Theaterstück gibt es nicht über Osborne, wohl aber über Pius XII.

Mit Papst Pius XII. hatte es nämlich seine besondere Bewandtnis. Rolf Hochhuth, ein Bertelsmann-Lexikograf, entdeckte einen weiteren Makel an seiner Heiligkeit. Pacelli war der Papst, dem Hochhuth voller Zorn entgegenschleuderte, er habe die Juden im Schatten des Vatikans nicht geschützt, also nicht den Nazi-Barbaren entzogen.

Hochhuths Stück „Der Stellvertreter“ ist das erfolgreichste der Nachkriegsgeschichte. Auf Kirchentagen, auf Konsilien, auf Akademiediskussionen – überall wurde dem Papst seine Tatenlosigkeit im Zusammenhang mit der Judenverfolgung vorgeworfen. Warum ausgerechnet der Schluckauf diesen Gelehrten überfiel, steht in Gottes weisem Ratschluss.

Ein erster schlimmer Anfall im Herbst 1954 endete noch „glücklich“. Pacelli nämlich hatte eine Christus-Vision. Und – so berichtet die Zeitschrift „Oggi“: „Für kurze Zeit alleingelassen, glaubte sich der gequälte Papst dem Tod nahe. Er suchte, von argem Schluckauf ständig unterbrochen, Zuflucht im Gebet.“ Just in dem Augenblick sei Christus an seinem Bett erschienen, und er wurde wundersam noch einmal zum Leben gerettet.