Berlin. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter stellt ein Buch über Cannabis vor – und plädiert für Legalisierung und Entkriminalisierung

Man muss gar nicht fragen. Er kommt von selbst drauf. „Ja, ich habe in meiner Jugend gekifft“, sagt Anton Hofreiter gleich am Anfang. Das sei in seinem Freundeskreis normal gewesen. Er habe das aber nicht besonders oft gemacht, denn THC entfalte bei ihm keine Wirkung. Heute seien seine Drogen Wein und Bier.

Der Grünen-Fraktionschef sagt das am Freitag bei der Vorstellung des Buches „Kiffen und Kriminalität“ in Berlin. Geschrieben hat es der Jugendstrafrichter Andreas Müller aus Bernau bei Berlin. Müller vertritt darin die These: Cannabis muss legalisiert werden. Die Konsumenten sollen aus der Illegalität herausgeholt werden. So geraten nicht mehr so viele auf die schiefe Bahn. Da der Staat dann die Droge kontrolliert, wird die Qualität besser. Jugendliche werden nicht schneller an den Stoff kommen, da der Schwarzmarkt nach der Legalisierung zusammenbrechen wird. Die Polizei wird entlastet. Aktuell werden Strafverfahren eingeleitet – und meist schnell wieder eingestellt.

Müllers Prognose: In der nächsten Legislaturperiode wird es in Deutschland zur Legalisierung kommen – egal wer in der Regierung ist. Deutschland wird an der Besteuerung der Droge sogar noch verdienen. Trotzdem werden nicht mehr Menschen Hanfprodukte rauchen. „Die Mehrheit wird immer noch der Volksdroge Alkohol zum Opfer fallen“, sagt Müller.

Die Buchvorstellung ist keine Kiffer-Spaßveranstaltung, auf der Bob Marley läuft und Jamaikafahnen geschwenkt werden. Der Richter trägt seine Argumente mit Vehemenz vor, fast mit Wut, er stiehlt Hofreiter ein bisschen die Show. Müller kommt aus der Praxis. In seinem Buch „Schluss mit der Sozialromantik!“ stellte er 2013 fest: Milde ist nicht immer gut für Jugendliche. Manchmal muss es Härte sein. Müller sagt über junge Gewalttäter: „Sie bekommen immer wieder Bewährung, um dem nächsten in die Schnauze zu hauen.“ Die Boulevardzeitungen feiern ihn als Deutschlands härtesten Jugendrichter.

Natürlich plädiert auch Hofreiter, wie die meisten Grünen, für die Legalisierung. Das Thema steht bei der Öko-Partei ganz oben, sogar Oberrealo und Parteichef Cem Özedemir ließ sich vor einem Jahr bei der Ice Bucket Challenge neben einer Cannabispflanze filmen. Doch sonst steht das Thema in der Politik nicht gerade auf Platz eins der Tagesordnung. Hofreiter empört sich über die Ignoranz der Union bei dem Thema. Hanf werde zum Teil gleichgesetzt mit Kokain oder Heroin. Legales Cannabis werde nicht teurer sein als der Stoff vom Schwarzmarkt, sagt Anton Hofreiter. Er will jetzt einfach die Forderung nach Legalisierung „gebetsmühlenhaft wiederholen“. Er hoffe, dass diese eines Tages kommt.