Berlin.

Die EU will ab Anfang Oktober militärisch schärfer gegen Schlepper und Schleuser im Mittelmeer vorgehen. Der zuständige Ausschuss des EU-Ministerrats stimmte am Dienstag der Marinemission zu. Nach Informationen des Hamburger Abendblattes sollen Kriegsschiffe der EU ab Anfang Oktober Schlepperboote auf hoher See durchsuchen, beschlagnahmen, umleiten und im Notfall auch zerstören können.

Dies sei etwa dann der Fall, wenn ein von Flüchtlingen und Schleusern geräumtes Schiff zu einem Hindernis für den Seeverkehr werde, hieß es aus Brüssel. Bislang umfasste das seit Juni andauernde Mandat der EU nur die Identifizierung von Schlepperbooten.

Einsatz umfasst Kriegsschiffe, U-Boote, Drohnen und Flugzeuge

Die Bundeswehr will sich mit zwei Schiffen an der Operation beteiligen, die bereits in der derzeitigen Mission eingesetzt werden – der Fregatte „Schleswig-Holstein“ und dem Tender „Werra“. Rund 320 Bundeswehrsoldaten sollen mitmachen.

Insgesamt ist vorgesehen, dass EU-weit sieben Kriegsschiffe, U-Boote, Drohnen und Flugzeuge an dem Einsatz teilnehmen. In Militärkreisen hieß es, dass dafür Länder wie Großbritannien, Frankreich, Italien oder Spanien infrage kämen. „Europa darf nicht zulassen, dass das Mittelmeer ein Massengrab für Flüchtlinge ist“, sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Es sei nötig, das „Geschäftsmodell skrupelloser Schleuser kaputtzumachen“.

Ein UN-Mandat sei für die erweiterte EU-Mission nicht nötig, hieß es aus diplomatischen Kreisen in Brüssel. Das Anhalten und Durchsuchen von Schiffen ohne Flagge auf hoher See sei nach Artikel 110 des Seerechtsübereinkommens erlaubt. Für Maßnahmen gegen die Schleusung von Migranten auf dem Seeweg gebe es einen völkerrechtlichen Vertrag aus dem Jahr 2000. Artikel 8 des Zusatzprotokolls erlaube es, Schiffe anzuhalten, zu durchsuchen, zu beschlagnahmen und umzuleiten, wenn ein begründeter Verdacht auf die Schleusung von Flüchtlingen bestehe.

Die Zustimmung der UN wäre erst nötig, wenn die EU-Verbände im Hoheitsbereich der libyschen Regierung tätig würden, betonten europäische Diplomaten. Heute tagt in Brüssel der Militärausschuss der Gemeinschaft. Er soll klären, welche Waffen die EU-Kräfte einsetzen dürfen, um eventuellen Widerstand zu brechen.

Danach geht die Vorlage an die nationalen Regierungen, deren Ja als sicher gilt. Unstrittig ist, dass Soldaten der EU-Mission sich wehren dürfen, falls sie von Schleusern beschossen werden. Das falle unter das Recht auf erweiterte Selbstverteidigung, hieß es in Brüssel. Das Auswärtige Amt in Berlin verwies darauf, dass das „Minimum-Force-Prinzip“ gelte. Das heißt, beim Einsatz von Gewalt solle der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eingehalten werden.

Nach bisherigen Planungen berät der Bundestag am 24. September über den Bundeswehreinsatz. Grüne und Linke argumentierten bislang, dass die robuste Jagd auf Schlepper den Flüchtlingen ihren Weg nach Europa nur weiter erschwere. Im schlimmsten Fall würde der militärische Druck auf die Schleuser die Flüchtlinge sogar auf noch gefährlichere Strecken drängen. Oder den Kriminellen würden Argumente geliefert, mehr Geld von den Migranten zu nehmen.