Hamburg/Berlin. Union will Bundesfreiwilligendienst um 2000 Stellen aufstocken. Die Kosten von 8,6 Millionen Euro soll der Bund tragen

Christian Unger

Die Zahl schwebt über allem. 800.000. Mit so vielen Asylbewerbern rechnet die Bundesregierung noch in diesem Jahr. Menschen fliehen aus Kriegsgebieten und suchen Schutz in Deutschland. Vor allem Städte und Kommunen stellt der Zuzug von Flüchtlingen vor eine große Aufgabe. Wie in Hamburg suchen die staatlichen Träger dringend Fachkräfte, die bei der Betreuung der Asylsuchenden helfen. Aus der Unionsfraktion im Bundestag kommt nun ein Vorstoß, der die Länder entlasten soll.

Der familienpolitische Sprecher der Union, Marcus Weinberg, will den Bundesfreiwilligendienst (BFD) stärker in die Arbeit mit Asylbewerbern einbinden. „Das beste Zeichen gegen Ausländerfeindlichkeit ist solch ein bürgerschaftliches Engagement. Dafür müssen wir gute Einsatzmöglichkeiten in der Flüchtlingshilfe finden, gute Strukturen der Organisation anlegen und gesellschaftliche Anerkennung schaffen“, sagte der Hamburger CDU-Politiker dem Abendblatt.

Ab 2016 soll der Bund dafür einen Sonderetat von 8,6 Millionen Euro jährlich bereitstellen. Von dem Geld könnten mindestens 2000 neue Plätze für jüngere oder ältere Menschen geschaffen werden, die dann in Flüchtlingsunterkünften oder in Organisationen wie dem Deutschen Roten Kreuz bei der Arbeit mit Asylbewerbern freiwillig helfen. Das geht aus einer fraktionsinternen Projektskizze hervor, die dem Abendblatt vorliegt. Die Kosten soll der Bund tragen. Das Projekt wird von Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) unterstützt.

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) sagte: „Ohne das Engagement der Freiwilligen werden wir die Aufgabe der Flüchtlingshilfe nicht stemmen können. Ich möchte den Bundesfreiwilligendienst für diese Aufgabe mit einem Sonderprogramm aufstocken und freue mich über die Unterstützung des Koalitionspartners.“

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund begrüßt die Idee der CDU/CSU Fraktion. „Die ständig wachsende Anzahl von Flüchtlingen ist für unsere Städte und Gemeinden derzeit eine riesige Herausforderung“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg. „Jede helfende Hand wird dringend gebraucht.“ Der Bundesfreiwilligendienst sei ein Erfolgsmodell, das man weiter ausbauen müsse, so Landsberg. Die Grünen begrüßen den Vorschlag der Union. „Es muss jedoch sichergestellt sein, dass dies in das noch zu vereinbarende Gesamtpaket Flüchtlingshilfe passt“, sagte die familienpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion Kordula Schulz-Asche. Wichtig sei auch, „die vielen anderen, oft kurzfristig entstandenen Formen des freiwilligen Engagements für und mit Flüchtlingen stärker zu unterstützen“.

Auch Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, befürwortet den Einsatz von Bufdis in der Flüchtlingshilfe. Jelpke betont jedoch, es sei „wichtig zu gewährleisten, dass Bundesfreiwillige lediglich für sie geeignete Unterstützungstätigkeiten wahrnehmen“. So müsse eine weitergehende Betreuung etwa von traumatisierten Schutzbedürftigen durch ausgebildetes Fachpersonal erfolgen.

Seit dem Wegfall des Zivildienstes fördert der Bund im Jahr 35.000 BFD-Plätze mit 167 Millionen Euro. Die Organisationen nutzen das Geld für Unterkunft und Verpflegung, Sozialbeiträge und ein Taschengeld: Maximal 363 Euro monatlich erhält ein sogenannter Bufdi. Die Millionen für neue BFD-Plätze sollen zunächst auf drei bis fünf Jahre befristet sein. Wichtig ist der Unionsfraktion: Das Geld muss von den Städten und Kommunen sowie deren sozialen Trägern ausschließlich für BFD-Plätze bei der Betreuung von Asylbewerbern eingesetzt werden. Zudem sei wichtig, dass Flüchtlingsunterkünfte „schnell und unbürokratisch“ über das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) anerkannt würden, so Weinberg. Derzeit wirbt er um Zustimmung für seine Initiative in der Union. Die Kosten soll der Bund tragen.

Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte zuletzt bekräftigt, dass die Zahl der Mitarbeiter im Bundesfreiwilligendienst erhöht werden müsse. „Bei jungen Menschen ist die Bereitschaft zu helfen groß“, sagte er. „Mit Dienst nach Vorschrift werden wir das Flüchtlingsproblem jedenfalls nicht bewältigen.“

Nach Ende des Zivildienstes 2011 wurde der Freiwilligendienst eingerichtet. Im Jahresdurchschnitt leisteten etwa 62.000 junge Männer ihren Zivildienst ab. Beim BFD können sich Männer und Frauen jeden Alters bewerben, sobald sie die Schule beendet haben. Bisher ist die Arbeit mit Flüchtlingen nicht als eines der Einsatzfelder für Bundesfreiwillige genannt. Doch in der Praxis arbeiten bereits junge und ältere Menschen in dem Bereich.

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