Ankara . Neuwahlen in der Türkei sollen seiner AKP die absolute Mehrheit zurückbringen. Neue Anschläge

Inmitten zunehmender Gewalt mit tödlichen Anschlägen der kurdischen Arbeiterpartei PKK steuert die Türkei in ein politisches Vakuum: Ministerpräsident Ahmet Davutoglu stellte am Dienstag seine Versuche zur Bildung einer Koalitionsregierung ein und gab das Mandat zur Regierungsbildung an Präsident Recep Tayyip Erdogan zurück.

Mit einer zweiten Parlamentswahl in weniger als sechs Monaten will sich Erdogan den Machtzuwachs sichern, den das Wahlergebnis im Juni verhindert hatte. „Wir bewegen uns schnell auf eine Neuwahl zu“, sagte Erdogan gestern. Das Ziel seiner AKP, die Verfassung zu ändern und ein Präsidialsystem einzuführen, soll mit neuen Mehrheiten im Parlament doch noch erreicht werden.

Experten rechnen vorerst nicht mit einer politischen Stabilisierung des Landes – ganz unabhängig davon, wie das Wahlergebnis ausfallen könnte. Der neu aufgeflammte Konflikt zwischen dem Staat und der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK hat die Situation weiter verschärft.

Bereits am Freitag hatte Erdogan verlauten lassen, dass er seine Machtbefugnisse als Präsident de facto schon erweitert habe – „ob man es akzeptiert oder nicht“, sagte er. Mit einer Verfassungsänderung solle dies nun anerkannt werden. Ähnliche Töne hatte Erdogan vor der Juni-Wahl angeschlagen, als er zur Unterstützung für die AKP aufrief, um ein Präsidialsystem mit ihm an der Spitze einführen zu können. Doch damals hatte sich der Präsident verspekuliert. Nach den Wahlen war er schwächer als je zuvor – und gleichzeitig dennoch der mächtigste Politiker in der Türkei.

Glaubt man neuesten Umfragen, so haben sich die Ansichten der türkischen Wähler seit Juni nicht drastisch geändert. Und ein Mehr an Sicherheit und Stabilität ist auch nicht zu erkennen. Gestern wurden acht türkische Soldaten bei einem PKK-Anschlag im Südosten getötet, vor einem Touristenmagnet in Istanbul, dem osmanischen Dolmabahce-Palast, wurden Schüsse abgegeben. Zwei Verdächtige sind verhaftet worden. In dem Palast hat Ministerpräsident Davutoglu ein Büro. Er hielt sich während des Zwischenfalls, bei dem ein Beamter leicht verletzt wurde, aber in Ankara auf. Seit dem Ende des Friedensprozesses mit der PKK im Juli sind bisher mindestens 85 Menschen in der Türkei Gewalt zum Opfer gefallen.