London.

Die britische Labour-Partei hat am Freitag mit der Wahl zu einem neuen Vorsitzenden begonnen. Als Favorit ging nach Umfragen überraschend Jeremy Corbyn, 66, vom linken Parteiflügel ins Rennen, der unter anderem für die Verstaatlichung von Betrieben und die Abschaffung der britischen Atomwaffen eintritt. Gegen ihn treten mit Andy Burnham, Liz Kendall und Yvette Cooper drei Kandidaten an, die eher der wirtschaftsliberalen Programmatik nahestehen, die einst Premierminister Tony Blair unter dem Schlagwort „New Labour“ eingeführt hatte. Blair warnte, eine Wahl Corbyns wäre „vernichtend“ für die britischen Sozialdemokraten.

Viele Gewerkschafter und links orientierte Labour-Anhänger haben Corbyn dagegen zu ihrem Hoffnungsträger erklärt. „Ich war in Griechenland, ich war in Spanien. Es ist sehr interessant, dass sozialdemokratische Parteien, die den Sparkurs akzeptieren und umsetzen, am Ende viele Mitglieder und viel Unterstützung verlieren“, gab Corbyn kürzlich in der Zeitung „Daily Mirror“ zu Protokoll. „Ich denke, wir haben eine Chance, hier etwas anderes zu tun.“ Die Wahlerfolge der linken Syriza in Griechenland und von Podemos in Spanien geben ihm und seinen Anhängern Auftrieb.

Die Wahl dauert vier Wochen, ein neuer Vorsitzender soll am 12. September verkündet werden. Sie war notwendig geworden, nachdem der bisherige Parteichef Ed Miliband nach seiner niederschmetternden Wahlniederlage im Mai gegen den konservativen Premierminister David Cameron aufgegeben hatte. Bei der Urwahl dürfen nicht nur die Parteimitglieder, sondern auch registrierte Sympathisanten und Gewerkschafter mitstimmen. Im Vorfeld hatten einige Labour-Politiker eine Verschiebung der Wahl gefordert, weil sich in den Unterstützerkreis Leute eingeschmuggelt hatten, die anderen Parteien angehörten und Labour schaden wollten.