Washington. Behörden rufen Notstand aus. Veranstaltung zum Tode von Michael Brown schlägt in Gewalt um

Andre Anderson stand am Sonntagabend im Live-Interview mit den Reportern von CNN, als wenige Meter entfernt von Fergusons neuem Polizeichef auf der West Florissant Avenue Dutzende Schüsse durch die Nacht peitschten und Menschen panisch die Flucht ergriffen. Binnen Sekunden war der als Moment der Besinnung gedachte Jahrestag für den im August 2014 von der Polizei erschossenen Schwarzen Michael Brown,18, ins Gegenteil umgekippt. Und es sollte noch schlimmer kommen.

Der Schießerei offenbar verfeindeter Gruppen, die nach den bis dahin friedlichen Protestmärschen mit mehr als 1000 Teilnehmern die Konfrontation suchten, folgten laut Bezirks-Polizeichef Jon Belmar Plünderungen von Geschäften und Sachbeschädigungen. Dabei wurde Paul Hampel, Reporter der Lokalzeitung „St. Louis Post-Dispatch“ verprügelt, als er bei Twitter darüber berichten wollte. Fotos und Videos des Geschehens in der von Sturm und Regen geprägten Nacht erinnerten an die chaotischen Szenen im vergangenen November, als in der Kleinstadt nahe St. Louis/Missouri die Staatsanwaltschaft verkündete, dass Browns Todesschütze, Officer Darren Wilson, von der Justiz verschont bleiben wird.

Trauriger Höhepunkt der Ausschreitungen an diesem Sonntag war ein Schusswechsel zwischen vier Zivil-Polizisten und dem 18-jährigen Tyrone Harris, der nach Angaben seines Vaters ein enger Freund von Michael Brown war. Nach vorläufigen Polizeiangaben eröffnete der junge Mann auf die Beamten das Feuer. Die schossen zurück, verletzten Harris schwer.

Am Montag haben die Behörden in Ferguson den Notstand ausgerufen. Gewaltakte würden nicht länger toleriert. Jon Belmar, Polizeichef von St. Louis (Ferguson ist eine Vorstadt von St. Louis) übernehme unverzüglich die Polizeiführung in Ferguson und Umgebung, um „das Leben und Eigentum unserer Bürger zu schützen“. Gewaltakte würden nicht länger toleriert.

Zuvor hatten Demonstranten am Canfield Drive, wo Michael Brown vor einem Jahr erschossen worden war, friedlich protestiert. Viele, darunter auch Browns Vater, trugen T-Shirts mit der Aufschrift „Stoppt das Töten von schwarzen Kindern“. Der Schweigemarsch fand seine würdige Fortsetzung bei einem Gottesdienst in einer Kirche. Bis dahin blieb alles ruhig.